Zwischen stylisch und bio: Aktuelle Gartentrends

29.4.2016, 14:00 Uhr
Zwischen stylisch und bio: Aktuelle Gartentrends

© Ralf Rödel

Längst füllt ein Meer von Geranien in den elegantesten Facetten die Gewächshäuser, stehen die Balkontomaten mit teils schon reifen Früchten am Start, streckt sich die Zitronenmelisse in den Töpfchen, baumeln die Fuchsien-Ampeln in den Verkaufsräumen.

Beim vergangenen Sonntag der offenen Gartentür zogen Hunderte Besucher durch die Glashäuser der Gärtnerei Großkopf, die seit 110 Jahren besteht und in der vierten Generation von Vater Georg und Sohn Matthias geführt wird.

Es ist längst nicht mehr nur das Traditionspublikum mit Eigenheim oder der gartenverrückte Rosenzüchter, der Gartenschauen wie heuer in Bayreuth oder die Gärtnereitage besucht oder gar Gartenreisen bucht.

Dem Gärtnern ist ein Comeback gelungen, beobachtet Matthias Großkopf: „Das junge Publikum hat über das Koch-Thema das Gärtnern entdeckt“. In Großstädten ist Urban Gardening längst chic. Erdbeerhängetöpfe und Chilisträucher „zum Naschen“ zieren oftmals die Küchen und Balkone junger Leute.

Allerdings sei bei den nachwachsenden Gärtnern der Beratungsbedarf hoch, weiß der Fachmann: Fast eine Generation lang sei das grüne Wissen, dass jede Pflanze individuelle Betreuung braucht, nicht weitergegeben worden. Oft kaum bekannt, wie man richtig düngt.

Der Kontrast zur Bio-Fraktion: Granit und Kieselsteine prägen das Ambiente ums stylische Haus, dazwischen eine Zypresse, deren Zweige als Pompons getrimmt wurden. Im Boden verlegt Bewässerungsschläuche, im Carport geparkt der Rasen-Roboter.

Die schon greifbare Zukunft stellt die Steuerung von Bewässerung und Mähroboter über eine App und WLAN in Aussicht.

Eher noch als Zukunftsmusik sieht dies der erfahrene Gärtner an. Indes könne die automatische Bewässerung über Feuchtefühler schon ein Entlastungsfaktor sein. Heutzutage, wo man seine Nachbarn nicht mehr so kennt und die vielleicht selber in Urlaub sind . . .

Andrea Blenk, junge Mutter, zählt zur anderen Richtung. „Tomaten, Kräuter, Tulpen und Lilien, ein Vintage-Garten am Neubau, das ist unser Stil. Wir wollen, dass unser Kind das Beste bekommt“. Unter anderem interessiert sie sich für „Batata Bavaria“, die Süßkartoffel ist das Gemüse des Jahres 2016.

Eine Sehnsucht zurück in die Gärten von „Früher“ stellte sich bei einem Teil der Freizeit-Gärtner ein. Mit „Landgefühl“ werden Gärtnereien dem gerecht. Omas Weißblüher Spirea kann wieder gepflanzt werden, die Hortensie ist längst neu en vogue, dazu kommen alte Gemüse und Obst-Sorten, die teils neu veredelt wurden. Aus der beliebten Erdbeersorte Senga sengana wurde die Senga sengana selektion.

Der Lebenskreislauf von Werden und Vergehen prägt die Gärtnerprofession. Ähnlich sei es wohl mit den Ausstattungsmoden, vermutet Matthias Großkopf. Irgendwann sei womöglich der Jägerzaun wieder angesagt.

Jedoch auch Konstanz im übergeordneten Sinn zeichnet die Gärten der jüngsten Vergangenheit aus. Margeritenstämmchen, Fuchsien, Oleander, Jasmin oder Wandelröschen sind moderne Klassiker auf Terrassen und Freiplätzen. Kaum ein Kräutergarten wird ohne mediterrane Kräuter wie Oregano, Thymian, Basilikum, Salbei, Lavendel angelegt.

Dies ist im Übrigen einer der weiteren Schwerpunkte im Gärtner-Milieu, der Klimawandel. Das Kapkörbchen aus Südafrika oder der in Asien heilige Bambus sind längst in fränkischen Gärten heimisch.

Exotische Pflanzen zählen fast schon wie selbstverständlich zur fränkischen Flora. In der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim werden Langzeitstudien über klimaresistente Bäume angefertigt.

In ein paar Jahren könne man Ergebnisse erwarten, schätzt Gärtner Großkopf. Die Kiefer, so viel scheint schon klar, hat auch in heißen Sommern gute Überlebenschancen.

Sich mit dem Grün zu befassen, in welcher Weise auch immer, ist jedenfalls auf neue Art zum Lifestyle geworden. Natürlich längst nicht so wie im Mutterland des „Gardening“, in England, weiß Matthias Großkopf: „Dort“, sagt er augenzwinkernd, „ist der Garten das Statussymbol. Bei uns ist es das Auto.“

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