Hotline für Stalking-Opfer im Freistaat geplatzt

14.12.2017, 18:55 Uhr
Hotline für Stalking-Opfer im Freistaat geplatzt

© Foto: Silvia Marks/dpa

Anfang November hat das Landgericht München einen Stalker wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Mann hatte seine Ex-Freundin sieben Jahre lang verfolgt, dann tötete der 46-jährige Architekt sie im Eingangsbereich ihres Wohnhauses mit 18 Messerstichen. Der Mord geschah im Jahr 2016.

Stalking-Fälle wie dieser sind extrem. Doch in dem Prozess hatte die Strafkammer mitteilen lassen, dass sie "desillusioniert habe feststellen müssen, dass der Staat nicht in der Lage gewesen sei, das Opfer zu schützen". Der Vorsitzende Richter hatte betont, dass sich die gestalkte Frau "von Anfang an lehrbuchmäßig verhalten habe". Genützt hat es ihr nichts.

Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der Landtags-SPD, kämpft seit vielen Jahren für eine Stalking-Hotline. Frauenberatungs- und Opferschutzstellen seien zwar erste Ansprechpartner für Stalking-Opfer, doch gerade die rund 33 Frauennotrufe in Bayern seien chronisch überlastet. "Die juristische Beratung ist in vielen Fällen so komplex, dass sie ein Fachanwalt übernehmen muss."

Vor allem juristisch, aber auch psycho-sozial sollte das Stalking-Telefon die Betroffenen beraten. Von einer 24-Stunden-Hotline, die 365 Tage für Stalking-Opfer erreichbar wäre, hat sich Strohmayr schnell verabschiedet. "Das wäre finanziell nicht machbar gewesen", erklärt sie. Deshalb habe man ein Angebot mit eingeschränkten Erreichbarkeiten auf die Beine stellen wollen, erklärt die SPD-Frau.

Warten auf Gesamtkonzept

Ute Eiling-Hütig, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Frauen der CSU im Landtag, betont: "Uns ist bewusst, wie ernst die Situation für Stalking-Opfer in Bayern ist." Doch man wolle die Hotline nicht vom Gesamtkonzept für die von Gewalt betroffenen Frauen abkoppeln. Dieses Gesamtkonzept werde gerade in einer Arbeitsgruppe um Sozialministerin Emilia Müller ausgearbeitet. Im April nächsten Jahres sollen Ergebnisse vorliegen.

Darüber hinaus, sagte Eiling–Hütig, setze man auf gezielte Unterstütung der Betroffenen durch gut ausgebildete Polizeikräfte. Im vergangenen Jahr habe sich in der Aus- und Fortbildung der Polizei viel getan. Vielerorts treffe man auf speziell

geschulte Beamte.

Im Polizeipräsidium Mittelfranken gibt es eine Beauftragte für Kriminalitätsopfer, die eine spezielle Ausbildung, auch zum Thema Stalking absolviert hat, sagt Sprecher Michael Petzold. Ebenso gebe es in jeder Dienststelle Sachbearbeiter, die sich mit dem Thema der häuslichen Gewalt auskennen und regelmäßig geschult werden. Diese Kollegen nehmen an jährlichen Tagungen zum Thema häusliche Gewalt teil, in denen Stalking eine Rolle spiele. Diese Beamten, so Petzold, seien Multiplikatoren für alle anderen Kollgen. Eine spezielle Schulung oder Fortbildung zum Thema Stalking gebe es aber nicht.

Verena Osgyan, frauenpolitische Sprecherin der Landtags-Grünen, findet die Idee einer Stalking-Hotline "prinzipiell gut", möchte das Hilfsangebot aber ebenfalls im Gesamtkonzept für von Gewalt betroffene Frauen verankert wissen. Derzeit gebe es für die keine Anlaufstellen, weil die Frauennotrufe und -häuser völlig überlastet seien.

Und auch im Nachtragsetat 2018 gebe es für solche Hilfsangebote nur eine Million Euro, anstatt des in einer Bedarfsstudie ermittelten Sofortbedarfs von mindestens zwei Millionen Euro. "Wir wissen noch nicht, wofür die Gelder sind, aber es ist schon jetzt klar, dass es wieder nicht reicht."

Keine Kommentare