Im Autolabor der Zukunft

20.3.2012, 17:29 Uhr
Im Autolabor der Zukunft

© Hagen Gerullis

Dabei geht es in dem Forschungszentrum am Rand des Erlanger Uni-Südgeländes auf den ersten Blick recht unaufgeregt zu. Die Forscher entwickeln Antriebseinheiten, Batteriesysteme und Ladegeräte für Elektro- und Hybridfahrzeuge. Vorzeigeobjekt ist ein in ein Hybridfahrzeug umgebauter Audi TT. Diese Demonstrations- und Testplattform sei so gehalten, dass die Systemkomponenten auch in anderen Fahrzeugen funktionieren würden, erläutert der Ingenieur. Das sei schon allein deswegen sinnvoll, weil die Versuche aufwändig und langwierig sind. Die meisten Entwicklungen werden auf Prüfständen in dem in einem Nebengebäude untergebrachten Testzentrum für Elektrofahrzeuge für die praktische Anwendung fit gemacht.

Dort steht unter anderem eine Kabine, die wie ein Tresor mit extrem dicken Türen gesichert ist. Dabei geht es nicht darum, Industriespionage abzuwehren, sondern elektromagnetische Strahlung zu absorbieren. Der Raum ist mit Ferritplatten ausgekleidet. Neben zwei Antennen ist eine größere Anzahl von massiven Holzklötzchen auf dem Prüftisch drapiert. „Die sind nicht zum Spielen da“, stellt Eckardt klar. Die Holzteile dienen dazu, dass der Abstand zwischen den Leitungen und der Tischplatte immer gleich groß ist. Das ist für die Ergebnisse wichtig. In diesem Versuchsraum wird die elektro-magnetische Verträglichkeit überprüft, damit die Bord-Elektronik nicht auf Signale von außen reagiert. Dass man von den Strahlen „nichts sieht, nichts hört und sich nichts bewegt“, sei das schwierige daran, fasst der Wissenschaftler zusammen.

Eine Tür weiter befindet sich ein eindrucksvoller Rollenprüfstand, auf dem das Verhalten kompletter Fahrzeuge unter Echtbedingungen getestet wird. Die simulierte Geschwindigkeit kann bis zu 140 Kilometer pro Stunde betragen. In der Kammer, in der das Fahrzeug steht, werden Temperaturen von minus 25 bis plus 45 Grad Celsius erzeugt. Dies sei notwendig, um die Leistungsfähigkeit der Batterie unter extremen Außentemperaturen zu messen, erklärt Eckardt. Schließlich hänge die Reichweite und Zuverlässigkeit des Fahrzeugs davon ab.

Nebenan ist ein weiterer Prüfstand installiert, auf dem eine mit zahlreichen Messeinrichtungen verkabelte elektrische Antriebseinheit auf Herz und Nieren untersucht wird. Hier geht es unter anderem um die Frage, wie sich der Motor unter den unterschiedlichsten Bedingungen verhält. Manchmal sind die Forscher auch in einem solchen Fahrzeug auf der Straße unterwegs, aber das ist die Ausnahme. Die meisten Arbeiten finden im Labor statt.

Noch bereitet bei Elektro-Autos die zu geringe Reichweite Probleme. Auch Bernd Eckardt fährt mit einem herkömmlichen Diesel zur Arbeit. Denn nach der einfachen Wegstrecke von 40 Kilometern, die der Pendler zurücklegt, müsste ein elektrisch betriebener Wagen schon fast wieder an die Steckdose. Für den Experten steht fest, dass zumindest in näherer Zukunft vor allem Fahrzeuge mit Hybrid-Antrieb größere Akzeptanz finden werden. Erst in einem zweiten Schritt werden mehr und mehr reine Elektro-Fahrzeuge auf unseren Straßen zu sehen sein. „Es gibt viele verschiedene Konzepte, und alle haben Vor-und Nachteile“, sagt er. Deswegen glaubt der Wissenschaftler, dass verschiedene Lösungen für unterschiedliche Anforderungen und Märkte gefunden werden müssen. Auch beim Verbrennungsmotor gibt es unterschiedliche Modelle. Doch eines ist für ihn ganz klar: Die Elektroautos müssen kleiner, leichter und günstiger werden. Das ist sein Forschungsziel, und er ist davon überzeugt, dass in zehn Jahren mehr Fahrzeuge mit der abgasfreien Technologie auf den Straßen unterwegs sein werden. Die meisten davon werden wahrscheinlich im Stadtverkehr eingesetzt.

Diese Botschaft gibt er auch an die von seinem Team betreuten Studenten weiter. Schließlich ist es in seinen Augen „das Wichtigste am Studium, sich in neue Fragestellungen einzudenken“. Wer im Bereich der KFZ-Leistungselektronik forschen möchte, darf keine Scheu vor Mathematik haben und sollte sich stark für Technik interessieren. Beides ist beispielsweise in den Studiengängen Elektrotechnik und Mechatronik Voraussetzung.

Ob sich die neuen Entwicklungen langfristig durchsetzen, ist für Eckardt nicht nur eine Frage der Technik. Er erinnert daran. dass das erste Elektrofahrzeug bereits 1839 von einem Schotten entwickelt wurde. Die technischen Probleme von damals kann man heute mit anderen Materialien und einem anderen Wissensstand angehen. Zurzeit denkt die Industrie über Leasingmodelle für die Batterien nach. Aber für eine erfolgreiche Marktstrategie müssten die Kosten für die Anschaffung solcher Autos noch weiter sinken. Für die Geschwindigkeit, mit der die Elektromobilität kommt, so Eckardt, spiele auch die Entwicklung des Benzinpreises eine ganz entscheidende Rolle.

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