Japanische Brotdosen und Bunker unter Nürnberg

10.2.2015, 20:52 Uhr
Japanische Brotdosen und Bunker unter Nürnberg

© Foto: Andreas Schmitt

Dem Nürnberger Jonathan Kielkowski genügt es nicht, seine Heimatstadt nur von oben zu kennen. Er will mehr. „Jedem ist bekannt, dass es eine Stadt unter der Stadt gibt. Wie die aussieht, weiß aber fast keiner.“ Vor allem die unterirdischen Bunker haben es dem 26-Jährigen angetan. „Die Stadt hatte nur einzelne Pläne, ich wollte aber alles dokumentieren.“ Und so befand sich der nebenbei als Fotograf und 3D-Artist arbeitende Student in den vergangenen Monaten viel unter der Erde, besichtigte Gänge und glich sie mit vorhandenem Kartenmaterial ab. Herausgekommen ist eine umfassende, ganz neu gestaltete Ansicht der Nürnberger Bunkeranlagen. Eine Mischung aus Fotografie und 3D-Visualisierung. Mit einem besonderen Clou: Interessierte können sich zwischen dem ihnen bekannten Teil Nürnbergs und der Unterwelt hin- und herklicken und erleben eine virtuelle Entdeckungsreise durch Raum und Zeit.

Mit dem Einfluss der Vergangenheit auf die Gegenwart hat sich auch Kathrin Rödl beschäftigt. Ihr Werk „PlastiNation“ erzählt die Geschichte vom Siegeszug des Kunststoffs, von 1530, als der Augsburger Benediktinerpater Wolfgang Seidel erstmals das Naturprodukt Käse in transparentes Kunsthorn (Kasein) umwandelte, bis zur heutigen Massenherstellung. „Kunststoff hält die Welt zusammen“, sagt die 28-jährige Nürnbergerin und verweist auf die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten, Spielzeug, Herzklappen, 3D-Brillen und vieles mehr. Doch die Illustratorin und Grafikerin beschreibt Kunststoff nicht nur, sie wendet ihn auch künstlerisch an. Ihre kunterbunte Bilderschau reicht von der Klobürste mit Flügeln bis zur Badeente mit Lockenwicklern und vermittelt in Kombination mit den quietschgrünen Haaren der Ausstellerin ein stimmig dargestelltes und zugleich surreal-futuristisch anmutendes Gesamtkunstwerk.

Greifbarer, aber nicht weniger zukunftsorientiert geht es bei Cam Tu Nguyen zu. Ihr „Bento Lunch Buch“ ist ein selbst geschriebenes und illustriertes Nachschlagewerk zum korrekten Packen einer Bento-Box – der typisch japanischen Brotzeitdose. „Im Idealfall ist die Box im Verhältnis 4:2:1 befüllt“, sagt die Absolventin des Schwerpunkts „Illustration“, die nebenbei einen Foodblog betreibt. Sie meint damit vier Teile Kohlenhydrate (Reis, Nudeln oder Brot), zwei Teile Protein (Fleisch, Fisch oder Tofu) sowie einen Teil anderer Zutaten wie Gemüse oder Obst. Befolge man diese Regeln, könne man eine ausgewogene und optisch ansprechende Esskultur entwickeln, die es einem auch leicht mache, auf seine Figur zu achten. Das Volumen der Box in Millilitern entspricht bei korrekter Anwendung in etwa der Anzahl an Kalorien.

Japanische Ernährung, Kunststoff, die Unterwelt: Spannende Themen, die mit der Virtual-Reality-Brille der Absolventen Paul Leyendecker und Markus Sauerbeck aber fast schon spießig wirken. Der Grund: Mit Hilfe eines Joysticks und der eigenen Kopfbewegungen verlässt der Nutzer des Projekts „inside“ die reale Welt und surft durch die selbst entwickelte 3D-Anwendung der beiden Kreativen. Stets erblickt er dabei neue Lichtbündel, die sich nähern und verschwinden. Durch Leuchtkreise geht es in den nächsten Raum, immer tiefer hinein in die virtuelle Welt. „Die Inspiration kam uns bei einem nächtlichen Flug“, erinnern sich die Nachwuchskünstler. Vor dem Fenster formten sich bei der Landung helle Linien, die zu dickeren Strahlen wurden, welche sich wiederum zu größeren Lichtbündeln sammelten.

Ein Jahr lang haben die Nachwuchskünstler daran gearbeitet, diese Erfahrung in eine Anwendung zu verwandeln. Mit Erfolg: Ihre Bachelorarbeit ließ nicht nur die Besucher Schlange stehen, sondern wurde auch vom Hochschulkollegium mit der besonderen Anerkennung des Wintersemesters 2014/2015 ausgezeichnet.

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