Langsamer Tod fürs Bamberger "Atrium"

23.5.2013, 20:29 Uhr
Langsamer Tod fürs Bamberger

© Markus Raupach

Ich gehe durch die leeren Gänge der ehemals betriebsamen Shopping-Mall und fühle mich an einen Endzeit-Film erinnert. Keine Menschenseele, aber die Lichter brennen, die Rolltreppen laufen, in der Ferne hört man einige Kinder, die den großen Platz am Eingang zum Indoor-Fußballplatz umfunktioniert haben. Plötzlich hinter mir Geräusche wie von einem Einkaufswagen - ein Déjà-vu? Mitnichten. Als ich mich umdrehe, schlurft ein gelangweilter Reinigungsmann mit seinem Wägelchen durch den Gang. Ich frage ihn, was er eigentlich sauber macht - keine Antwort, stattdessen die Anweisung, man dürfe hier nicht fotografieren, dies sei Privateigentum.

Doch genau darin liegt das Problem. Die aktuellen Eigentumsverhältnisse sind nicht klar, offiziell gehört das Einkaufszentrum der "Promontoria", einer Tochter des Finanzinvestors Cerberus. Dieses amerikanische Unternehmen hat bisher über 25 Millionen Dollar in mehr als 300 Unternehmen weltweit investiert, darunter auch zahlreiche Immobiliengesellschaften und immer wieder Teile insolventer Firmen. Am spektakulärsten war wohl die Übernahme der Chrysler Group, als DaimlerChrysler sie 2007 abstieß, kurz vor der Finanzkrise, die den Automobilgiganten in die Insolvenz trieb. Was will also ein Global Player wie Cerberus mit dem Bamberger Atrium?

Vier große Säulen

Das Atrium eröffnete 1990 mit einer Verkaufsfläche von 12.000 Quadratmetern, etwa einem Viertel der Verkaufsfläche der gesamten Bamberger Innenstadt. 29 Geschäfte, über 1.000 Parkplätze waren innerhalb nur eines Jahres entstanden. Das Gebäude wurde vom bauenden Bamberger Unternehmen in einen geschlossenen Immobilienfonds überführt.

Zehn Jahre später entstand auf vier großen Säulen, die nachträglich eingebaut wurden, ein modernes Cinestar-Multiplexkino mit acht Sälen und über 1.500 Sitzplätzen auf dem Atrium-Dach. Zu der Erweiterung gehörte auch ein anfangs sehr beliebtes American Diner. Doch schon einige Jahre später begann der Niedergang, immer mehr attraktive Geschäfte kehrten dem Atrium den Rücken, bis nun in 2013 alle Läden bis auf das Kino ausgezogen sein werden.

Die Gründe für den Niedergang sind vielschichtig. Auf der einen Seite litt das Einkaufszentrum von Beginn an unter einer schlechten Anbindung an das städtische Wegenetz. Die geplante Verbindung mit dem Norden der Stadt erfolgte erst 2012 durch den Bahnhofstunnel. Der Bahnhofsvorplatz ist immer noch nicht saniert. Von außen wirkte das Haus von Beginn an trist, Schaufenster waren kaum vorhanden, die wenige wurden nicht genutzt, der Grünstreifen hatte seinen Namen nicht verdient.

Eine weitere Problem-Immobilie

Vom Mix der Geschäfte her fehlten von Anfang an wichtige "Frequenzbringer", allen voran ein Elektronikmarkt. Die ersten Geschäftsschließungen kaschierte Wöhrl, indem das Mode-Unternehmen die freien Flächen einfach übernahm. Die Folge: Die ohnehin schon hohen Nebenkosten stiegen für die verbliebenen Mieter weiter an, weil sie zum Teil auf die Anzahl der Geschäfte berechnet waren.

Der tegut-Supermarkt nebenan und das 2006 eröffnete market Einkaufszentrum in Hallstadt besiegelten die Entwicklung. In Hallstadt boomte der Konkurrent mit einer fast doppelt so großen Fläche und eben den klassischen Frequenzbringern für alle Altersstufen. Dorthin werden nun auch die letzten Läden aus dem Atrium umziehen, wie schon viele zuvor.

Eine Niederlage für die Domstädter, die sich nun um eine weitere Problem-Immobilie an der Innenstadt-Peripherie kümmern müssen. Zumal aktuell keine Anzeichen für Veränderungen zu erkennen sind. Wer weiß, vielleicht steht irgendwann nur noch das Kino auf seinen vier Säulen mit einer großen Wendeltreppe - und der Rest des Atriums ist ein großer Pendler-Parkplatz für die Kunden der Bahn...

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