Max-Brose-Straße in Coburg: Zentralrat der Juden enttäuscht

21.5.2015, 18:33 Uhr
Max-Brose-Straße in Coburg: Zentralrat der Juden enttäuscht

© Brose/dpa

Trotz vieler Mahnungen und kritischer Stimmen benennt die Stadt Coburg eine Straße nach dem Unternehmer Max Brose (1884-1968). Eine Mehrheit von 26 zu 11 Stimmen im Stadtrat entschied sich am Donnerstag für die Max-Brose-Straße.

Wegen Broses Rolle in der NS-Zeit hatten Historiker im Vorfeld Bedenken geäußert. Vertreter der Evangelischen Kirche und von Gewerkschaften sowie der Zentralrat der Juden hatten sich gegen eine Max-Brose-Straße ausgesprochen. Letzter zeigte sich nach der Abstimmung enttäuscht: "Ich kann für diese Entscheidung des Stadtrats kein Verständnis aufbringen. Ich sehe eine deutliche Verstrickung Max Broses in die NS-Strukturen", teilte Präsident Josef Schuster am Donnerstag mit. "Selbst wenn man ihn nur als kleinen Mitläufer einstufen würde, fehlte ihm damit der Vorbildcharakter, um eine Straße nach ihm zu benennen." Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD) sagte hingegen nach der Abstimmung: "Max Brose war eine bedeutende Unternehmerpersönlichkeit der Stadt mit hoher sozialer Verantwortung."

Max Brose legte in Coburg den Grundstein für den heute weltweit tätigen und nach ihm benannten Autozulieferer. Andererseits aber gehörte er in der NS-Zeit der NSDAP an, beschäftigte Zwangsarbeiter und war als IHK-Präsident Wehrwirtschaftsführer. Sein Enkel Michael Stoschek sieht Brose dagegen als vollständig rehabilitiert an. "Max Brose hat sich unter schwierigen Umständen einwandfrei verhalten", sagte Stoschek nach der Stadtratsentscheidung, die er auf den Zuhörerplätzen im Rathaussaal aufmerksam verfolgt hatte. Er habe etwa Aktionen der Nationalsozialisten öffentlich kritisiert. "Der Mann wird zurecht geehrt."

Dagegen hatten vor allem Historiker immer wieder bemängelt, dass die Geschichte im Zusammenhang mit Max Brose noch nicht ausreichend aufgearbeitet worden sei. Stoschek wies dies zurück. Alle Fakten lägen vor. Er sei froh darüber, dass sich eine Mehrheit im Stadtrat ihre Unabhängigkeit bewahrt habe, sagte er. "Ich hoffe, dass die Debatten jetzt zu Ende sind." Josef Schuster vom Zentralrat der Juden kritisierte hingegen:  "Einen verantwortungsvollen Umgang der Stadt Coburg mit ihrer braunen Vergangenheit kann ich in dem Stadtrats-Beschluss leider nicht erkennen."

Der Autozulieferer Brose macht heute einen Jahresumsatz von rund fünf Milliarden Euro. Von den mehr als 23 000 Mitarbeitern sind 3600 am Stammsitz Coburg tätig. Gesellschafter, Geschäftsführung und Mitarbeiter von Brose begrüßen die Entscheidung des Stadtrates, auch in Coburg eine Straße nach dem Firmengründer Max Brose zu benennen. Damit werde die Lebensleistung eines erfolgreichen Unternehmers geehrt, teilte das Unternehmen mit.

Vor zehn Jahren war ein Anlauf gescheitert, Max Brose mit einem eigenen Straßennamen zu ehren. Anders als damals sei der Stadtrat diesmal gut informiert und ausreichend vorbereitet gewesen, erläuterte Tessmer. Im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung sei sachlich diskutiert worden. Vor Beginn der Stadtratssitzung hatte es zwei kleine Kundgebungen von Befürwortern und Gegnern der Max-Brose-Straße vor dem Rathaus gegeben.

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