"Mister Euro" oder "Die Augenbrauen": Theo Waigel wird 75

19.4.2014, 11:22 Uhr
„Ich blicke auf ein erfülltes politisches Leben mit Höhepunkten und Enttäuschungen zurück“, sagte er angesichts seines 70. Geburtstags vor fünf Jahren.

© dpa „Ich blicke auf ein erfülltes politisches Leben mit Höhepunkten und Enttäuschungen zurück“, sagte er angesichts seines 70. Geburtstags vor fünf Jahren.

Ihm ist es zu verdanken, dass der Euro „Euro“ heißt: Der CSU-Politiker Theo Waigel war von 1989 bis 1998 Bundesfinanzminister in der Regierung von Helmut Kohl (CDU) und schlug im Jahr 1995 den Namen für die gemeinsame europäische Währung vor. Die Idee wurde vom Europäischen Rat dann auch angenommen – und Waigel hatte den Spitznamen „Mister Euro“ weg.

An diesem Dienstag (22. April) wird Theo Waigel 75 Jahre alt. „Ich blicke auf ein erfülltes politisches Leben mit Höhepunkten und Enttäuschungen zurück“, sagte er angesichts seines 70. Geburtstags vor fünf Jahren. Waigel war 1982 bis 1989 Landesgruppenvorsitzender der CSU im Bundestag und von 1988 bis 1999 CSU-Vorsitzender. Doch ein Traum sollte sich nicht erfüllen: Im Jahr 1993 unterlag er im Machtkampf um den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten seinem innerparteilichen Rivalen Edmund Stoiber.

Heute räumt er ein, dass er damals daran dachte, alles hinzuschmeißen. „Ich war schon an einem Punkt angelangt, an dem ich mich fragte: Machst du noch weiter?“, sagte Waigel nun der Tageszeitung „Augsburger Allgemeine“ (Samstag). Damals wurde auch Privates, wie die Trennung von seiner ersten Ehefrau, thematisiert. „Es gab schon Dinge unter der Gürtellinie, die einem wehtun“, räumt er heute ein.

Über seinen damaligen Konkurrenten Stoiber sagte er der „Augsburger Allgemeinen“: „Ich begrüße es sehr, dass Edmund Stoiber heute ein überzeugter Europäer ist. Ich hätte mir nur gewünscht, dass er dieselbe Einstellung schon vor 20 Jahren gehabt hätte. Damit hätte er mir bei der Einführung des Euro viel Ärger erspart.“

Trotz der innerparteilichen Kämpfe blieb Waigel seiner Partei treu. Seit 2009 ist er nun Ehrenvorsitzender der CSU. Parteimitglied wurde er im Jahr 1960, der Jungen Union trat er bereits drei Jahre früher bei. Zuletzt erarbeitete er für die CSU in der Folge der bayerischen Verwandtenaffäre einen Ehrenkodex. Darin verlangt er von den Abgeordneten seiner Partei Transparenz im Umgang mit Geschenken, Geld und Nebenjobs.

"Die Augenbraue"

Nach seinem Ausscheiden aus dem Bundestag im Jahr 2002 war der langgediente Parlamentarier 2009 für vier Jahre zum Anti-Korruptionsbeauftragten bei Siemens berufen worden – auch da war Transparenz schon ein großes Thema.

Das markanteste äußere Merkmal des Jubilars sind die buschigen Augenbrauen, über die zahlreiche Witze gemacht wurden und die für Karikaturisten geradezu ein Geschenk waren. Unter dem Titel „Die Augenbraue“ wurde ihm sogar eine eigene Ausstellung mit einschlägigen Zeichnungen gewidmet.

Doch auch Waigel selbst ist für seinen Humor und seine kleinen treffenden Spitzen gegenüber Parteifreunden bekannt. Und daran, seine Augenbrauen zu stutzen, habe er niemals gedacht, sagte Waigel der „Augsburger Allgemeinen“: „Mancher Friseur hat mich gefragt. Da habe ich immer nur gesagt: “Unterstehen Sie sich. Da wird nicht ein Haar gekrümmt.“

Geboren wurde Theo Waigel, der eigentlich Theodor heißt, am 22. April 1939 als Sohn eines Kleinbauern in Oberrohr bei Krumbach im nordschwäbischen Landkreis Günzburg. Auch heute noch wohnt er in Schwaben, in Seeg im Ostallgäu. Nach dem Abitur studierte er Rechts- und Staatswissenschaften in München und promovierte 1967 mit einer Arbeit über die „verfassungsmäßige Ordnung der deutschen, insbesondere der bayerischen Landwirtschaft“.

Seit 1994 ist er mit der früheren Ski-Rennläuferin und Ärztin Irene Epple verheiratet, mit der er einen Sohn hat. Aus seiner ersten Ehe hat Waigel zwei weitere Kinder. Er gilt als begeisterter Bergwanderer und ist Fan des TSV 1860 München.

"Wir leben in der besten aller Zeiten"

Beruflich stellten vor allem die Folgen der deutschen Wiedervereinigung eine große Herausforderung dar: Waigel hatte als Finanzminister mit schwerwiegenden finanzpolitischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Die Folgen von Rezession und Wirtschaftslasten führten zu hoher Arbeitslosigkeit, Firmenzusammenbrüchen, Steuerausfällen und Milliardendefiziten im Bundeshaushalt. Für sein Vorgehen wurde er häufig kritisiert. Die hohe Staatsverschuldung trug Waigel einen weiteren Beinamen ein: „Herr der Löcher“.

Als „Vater des Euro“ sieht er die Währung, die er so entschieden mitgeprägt hat, nach wie vor äußerst positiv. Mit der eurokritischen Partei AfD ging er zuletzt hart ins Gericht. „2014 ist Europa die friedlichste, demokratischste Region der Welt“, unterstrich Waigel in einer Rede im Januar. Der Euro sei die zweitwichtigste Währung und Deutschland profitiere von der Währungsunion. „Wir leben in der besten aller Zeiten. Komme mir niemand mit der guten alten Zeit.“

Allerdings forderte er auch mehr Ausgaben der Europäischen Union gegen Jugendarbeitslosigkeit. Aus der wirtschaftlichen Stärke resultiere „eine Verantwortung Deutschlands wie nie zuvor in den letzten 150 Jahren.“ In der Namensfindung für den Euro, erinnert er sich, seien damals auch „Pfund, Franken oder Taler“ im Gespräch gewesen. „Da dachte ich mir, es gibt Eurocard, es gibt Eurocopter, warum nicht einfach: Euro“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

Um die Zukunft seines Euro-Kindes macht er sich ingesamt keine Sorgen. Der Euro ist für Waigel eine europäische Erfolgsgeschichte – und auch eine ganz persönliche.

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