Neuer Report: Viele junge Franken sind psychisch krank

25.4.2018, 09:50 Uhr
Seit 2006 haben 46% Prozent mehr der jungen Erwachsenen die Diagnose Depression erhalten.

© Marijan Murat/dpa Seit 2006 haben 46% Prozent mehr der jungen Erwachsenen die Diagnose Depression erhalten.

Woher die Entwicklung kommt, können die Fachleute der Barmer ebenso wenig exakt erklären wie die großen regionalen Unterschiede in Bayern. Vorerkrankungen in der Jugend können ein Risikofaktor sein oder die "veränderten Alltagsanforderungen" wie es bei der Vorstellung des Reports in Nürnberg hieß.

Gestiegene Leistungsansprüche aller Orten, finanzielle Sorgen, Zukunftsängste, aber auch die oft verwirrenden Möglichkeiten der Lebensgestaltung können solche Erkrankungen auslösen. Barmer Landesgeschäftsführerin Claudia Wöhler sprach von einer alarmierenden Entwicklung in den vergangenen Jahren. Es müsse dringend in niederschwellige Hilfsangebote investiert werden.

85.000 Fälle von Depression

Allein rund 85.000 junge Erwachsene erhielten die Diagnose Depression. Das ist laut Barmer-Report eine Steigerung seit 2006 um 45 Prozent. Knapp die Hälfte dieser Gruppe musste Antidepressiva einnehmen. Das ist im Vergleich zu 2006 ein Anstieg um 52 Prozent. Innerhalb des Freistaats sind diese Depressions-Diagnosen jedoch höchst ungleich verteilt.

Hier verzeichnet der Bericht im Vergleich zum Bundesdurchschnitt für Nürnberg ein Plus von 34 Prozent und für Würzburg von 39 Prozent. Dagegen sind es etwa in Lindau am Bodensee um 41 Prozent weniger, im Ost- und Oberallgäu um 29 Prozent und 16 Prozent weniger. Ähnliche Unterschiede weist der Report bei der Verschreibung von Antidepressiva auf. Die AOK Bayern wiederum hat festgestellt, dass Krankschreibungen wegen psychischer Erkrankungen deutlich zugenommen haben - vor allem in Nordbayern. Fürth nimmt unter den fränkischen Städten einen Spitzenplatz ein.

Weil im jungen Erwachsenenalter die Weichen für das spätere berufliche wie private Leben gestellt werden, ist aus Sicht der Krankenkasse vor allem die Prävention wichtig, die hilft, psychische Erkrankungen möglichst zu verhindern. Außerdem müssten Betroffene, bei denen Depressionen oder Angstzustände ausgebrochen sind, frühzeitig erreicht werden.

Für die Generation Smartphone

Die Barmer setzt dabei unter anderem auf streng qualitätsgesicherte Online-Angebote, "die den Gewohnheiten der Generation Smartphone entgegenkommen", wie Wöhler erläuterte. Die Kasse hat dazu gemeinsam mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) das von der Weltgesundheitsorganisation WHO unterstützte Projekt "StudiCare" gestartet, das sich an Studierende richtet. Allein in Bayern erhielten, so der Arztreport, 47.000 Studenten eine Diagnose wegen einer psychischen Erkrankung.

"StudiCare" (www.studicare.info) ist eine sogenannte Online-Coaching-Plattform. Sie ist Bestandteil eines weltweiten Forschungsvorhabens und bietet 17 verschiedene Trainings für betroffene Studenten.

"Viele von ihnen wollen ihre Probleme schlicht und einfach selbstständig lösen", sagte David Ebert von der FAU in Nürnberg, "sie suchen deshalb häufig gar keine Hilfe bei einem Arzt oder Therapeuten." So vergingen oftmals viele Jahre bevor Kranke nach Unterstützung suchten. Internet- und App-basierte Angebote könnten dafür eine Lösung sein.

Mehr Krisendienste

Angesichts der Zahlen, welche die Barmer jetzt vorlegte, sprach sich Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) für einen landesweiten Ausbau der sogenannten Krisendienste aus. Die arbeiten bisher mit großem Erfolg in Mittelfranken, Würzburg, Regensburg und München. Im Rahmen des neuen Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes sollen sie landesweit eingeführt werden. Das sei von zentraler Bedeutung, betonte die Ministerin.

Einige Experten gehen laut Huml davon aus, dass psychische Störungen an sich nicht häufiger geworden seien, sie kämen nur häufiger im Versorgungssystem an. Solche Krankheiten seien anders als früher teilweise kein Tabu mehr.

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