19-Jähriger schlägt in Neumarkt brutal zu

30.3.2018, 09:56 Uhr

Laut Staatsanwalt Martin Bimmerlein hatte der junge Mann aus dem Iran am 21. Oktober letzten Jahres einen gleichaltrigen Afghanen grundlos angegriffen, ihm mit mehreren Faustschlägen das Nasenbein zertrümmert und einen Schneidezahn ausgeschlagen.

Nach Schilderung des Täters, der schon verständlich Deutsch spricht, aber von einer Dolmetscherin unterstützt wurde, hatte sich die Sache vom Verlauf, aber nicht vom Ergebnis gänzlich anders abgespielt. Er habe Freunde besucht, um die Geburt seines Sohnes zu feiern.

Man habe Wasserpfeife geraucht und gechillt. Auf dem nächtlichen Heimweg über einen Innenhof sei er dem Afghanen begegnet, der im Iran schlechte Erfahrungen mit Iranern gemacht habe und das an ihm auslassen wollte. "Er hat mich so böse angeguckt", berichtete er und gefragt: "Warum guckst du so böse zu mir?" Die Antwort: "Ich guck immer so, in Deutschland darf jeder so gucken wie er will".

Daraufhin habe der Angeklagte auch gleich die Gelegenheit genutzt, sich bei dem Afghanen zu verbeten, dass der ihn überall als "Schwuchtel" bezeichne. Aus dem Oberpfälzer Rauferei-Lexikon übersetzt klingt das nach der klassischen Einladung zum Schlagabtausch.

So war es dann auch. Sein Gegner habe ihn am Kragen gepackt und mehrmals von unten am Kinn gestupst. Aus Angst habe er dem anderen mehrere Fausthiebe verpasst. Dann sei er davon gegangen. Doch der Afghane habe ihn verfolgt, ihm von hinten den Fuß gestellt und ihn in den Nacken geschlagen, als er auf den Knien gelandet war. Da habe er blind nach hinten zugeschlagen und den Kontrahenten, erneut vermutlich im Gesicht, getroffen. Danach habe er bemerkt, das der Afghane aus dem Mund blutete.

Richter Dumke zweifelt

Für Richter Marcel Dumke stellte sich die Frage, ob die schweren Gesichtsverletzungen von den ersten, grundlosen Schlägen her rührten oder von der angeblichen Notwehrsituation. Dass es diese überhaupt gegeben hat, scheint zweifelhaft.

Denn im Zeugenstand schilderte das 19 Jahre alte Opfer den Hergang ziemlich undramatisch. Ein Wort habe das andere gegeben, dann habe der Iraner ihn am Kragen gepackt und unvermittelt zugeschlagen. Er habe sich mit mehreren Fausthieben in den Bauch gewehrt "Das war´s". Der Hobby-Boxer machte aber auch kein Hehl daraus, dass er keine hohe Meinung von dem Angeklagten hat. Der einzige der drei geladenen Tatzeugen, der erschienen war, schilderte den Vorfall genauso, erstaunlicherweise nahezu im Wortlaut. Ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.

Anwalt verhandelt

Schon vor der Anhörung dieses Zeugen hatte Rechtsanwalt Markus Meier, der Pflichtverteidiger des jungen Iraners, um ein Rechtsgespräch mit dem Staatsanwalt und dem Richter nebst seiner beiden Schöffen gebeten.

Das Ergebnis war eine Vereinbarung, in der der Angeklagte eine Bewährungsstrafe von 10 bis 15 Monaten zu erwarten hätte, wenn er den Tatvorwurf einräumt. Darin enthalten wären auch die acht Monate, zu denen er unlängst, ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung und Hausfriedensbruch, verurteilt worden war. Da hatte er ebenfalls einen Afghanen verprügelt und zunächst das Unschuldslamm gespielt, bis er sich nicht mehr heraus reden konnte.

Die Vereinbarung enthält die Auflagen ein begonnenes Antiaggressionstraining abzuschließen, psychiatrische Beratung in Anspruch zu nehmen und 90 Arbeitsstunden für eine gemeinnützige Einrichtung zu leisten. Die könnten in eine Geldauflage von 900 Euro umgewandelt werden, wenn er tatsächlich demnächst einen Ausbildungsplatz als Friseur ergattert.

Petra Engster von der Jugendgerichtshilfe sah noch deutliche Reiferückstände bei dem jungen Mann und empfahl die Anwendung von Jugendstrafrecht. Darauf bezogen sich dann Staatsanwalt, Rechtsanwalt und Richter Dumke. Der Angeklagte war 2015 aus seiner Heimat geflohen, vielleicht sogar vor seiner Familie. Der gewalttätige Vater habe ihm ein Messer in den Kopf gerammt. Diese Verletzung könne, sagen Fachärzte, mit ursächlich sein für seine schlechte Konzentrationsfähigkeit, aber auch für seine explodierenden Aggressionen.

Staatsanwalt ringt mit sich

Der Staatsanwalt rang sich durch, das späte Geständnis wohlwollend zu werten, hielt aber die einschlägigen Vorstrafen dagegen. Er schöpfte den Rahmen der Vereinbarung aus und forderte eine Gesamt-Freiheitsstrafe von 15 Monaten auf drei Jahre Bewährung. Zwei Jahre solle den jungen Mann ein Bewährungshelfer begleiten.

Sein Mandant habe ernsthaft vor, mit seiner neuen Familie ein neues Leben zu beginnen, argumentierte Rechtsanwalt Markus Meier. Zwölf Monate Bewährungsstrafe seien genug. Ansonsten schloss er sich dem Staatsanwalt an. Ihm ging es darum, seinen Mandanten vor den schwedischen Gardinen zu bewahren.

Hinter die schickt ihn – vereinbarungsgemäß – vorläufig auch Richter Marcel Dumke nicht. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu 14 Monaten auf Bewährung. Mit der kann es aber ganz schnell vorbei sein, wenn eine der Auflagen nicht erfüllt werden sollte.

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