Apothekenhelferin griff tief in die Kasse

25.9.2018, 10:51 Uhr

Wegen gewerbsmäßiger Untreue in 615 Fällen und einfacher Untreue in 81 Fällen stand die Frau vor dem Neumarkter Amtsgericht. Anwalt Johannes Gerngroß räumte an ihrer Stelle die Vorwürfe allesamt ein.

Über die Jahre hinweg war es seiner Mandantin gelungen, Summen, die Kunden per EC-Karte oder bar bezahlt hatten, bei Seite zu schaffen, ohne dass Alarm geschlagen wurde. Das Warenwirtschaftssystem trickste sich sozusagen von selbst und ohne ihr Zutun aus. Am Ende sah es so aus, als ob alle ausgegebenen Waren bezahlt seien und auch der Bestand in den Regalen und im Lager hielt der Überprüfung durch die Inventur stand.

Depressionen und Anpassungsprobleme

Zunächst schämte sich die Angeklagte, zu erklären, was die Motivation für ihr Handeln war. "Sie sehen ja nun nicht gerade so aus, wie ein Mensch, der sich ein Luxusleben in Saus und Braus gegönnt hat", sagte Richter Rainer Würth. Mit einem Nicken gab die Apothekenhelferin ihrem Anwalt die Einwilligung, über ihre seelischen Befindlichkeiten zu sprechen. In der Tat, so Johannses Gerngroß, habe seine Mandantin nicht auf großem Fuß gelebt.

Vielmehr habe sie unter Depressionen und Anpassungsproblemen gelitten, die sich dann in Magersucht äußerten. Oft habe sie im Supermarkt um die Ecke mit Geld aus der Kasse für Summen bis zu 200 Euro Lebensmittel gekauft, gegessen und dann wieder erbrochen. Das sei zwanghaft gewesen.

Wohnung verkauft

Allerdings habe sie, als man ihr auf die Schliche gekommen war, umgehend die 2007 erst erworbene Eigentumswohnung verkauft und auf einen Schlag 100 000 Euro der Schadenssumme beglichen. Derzeit tilgt sie den Rest in Raten von 500 Euro monatlich. Bei einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht haben sich die Angeklagte und ihre frühere Chefin auf Schadenersatz von 150 000 Euro geeinigt. Derzeit wohnt die 42-Jährige bei ihren Eltern und ist auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.

Sie stellt sich auch ihrer Krankheit und hat bereits zwei mehrwöchige Therapien absolviert. Alle zwei Wochen sucht sie eine ambulante Beratung auf.

Dies alles berücksichtigte Staatsanwalt Robin Pyka, als er die richtige Bestrafung auslotete. Denn diese psychische Erkrankung mache zwar einiges verständlicher, doch das Unrechtsbewusstsein trübt sie nicht. Der Gesetzgeber sieht für gewerbsmäßige Untreue sechs Monate Haft vor und zwar für jeden einzelnen der 615 Fälle, und jeweils einen Monat für die 81 Fälle der "normalen" Untreue. Pyka bildete daraus eine Gesamtstrafe von zwei Jahren, die jedoch auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Zusätzlich sollten 100 Stunden gemeinnützige Arbeit den nötigen Eindruck auf die Angeklagte machen.

Bedenklich abgemagert

"Die Hausdurchsuchung war für meine Mandantin, auch wenn dabei nichts Belastendes gefunden wurde, ein Paukenschlag", erklärte Johannes Gerngroß. Aber dieser Paukenschlag sei womöglich auch die Rettung für sie gewesen. Denn sie habe ihrem Körper in den Jahren viel angetan und war bedenklich abgemagert. Auch heute noch wirkt die Angeklagte zerbrechlich, obwohl sie mittlerweile acht Kilo zugenommen hat.

Der Vorschlag des Staatsanwalts sei akzeptabel, doch eine Arbeitsauflage könnte den Versuch erschweren, wieder in Arbeit zu kommen. Das sahen auch Richter Würth und seine beiden Schöffen so. Sie hielten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf drei Jahre Bewährung für angebracht, machten aber zur Auflage, dass die monatliche Wiedergutmachung von 500 Euro an die frühere Arbeitgeberin zuverlässig gezahlt wird.

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