Beckstein fordert bei Pyrbaumer Neujahrsempfang Hilfe für Flüchtlingslager

23.1.2016, 11:17 Uhr
Beckstein fordert bei Pyrbaumer Neujahrsempfang Hilfe für Flüchtlingslager

© Foto: Fellner

Dass es Günther Beckstein in der Oberpfalz gefällt, ist augenscheinlich. Er war schon öfter im nahen Postbauer-Heng, jetzt in Pyrbaum. „Die ahnziechen, die in Nermberch erberten, san die Oberfpälzer“, zitierte ihn schmunzelnd ein Bundestagsabgeordneter aus der Oberpfalz namens Alois Karl später. Beckstein lachte.

Der gebürtige und Herzensfranke ist milder geworden im Ton, aber deutlich in der Aussage geblieben. Und darum sagte er in Pyrbaum, bevor er sich so richtig warm geredet hatte: „Wenn man im Ruhestand lebt, soll man eigentlich den Mund halten.“ Doch das kann er dann doch nicht. Den Ruhestand nutzt er zu vielen Reisen verriet er. Auch in den Nahen Osten.

Die Welt sei außer Rand und Band geraten, sagte er, das sei der Eindruck, den man im Moment gewinnen könne. Dabei gebe es Konflikte, die derzeit gar nicht im Fokus stehen, aber jederzeit aufbrechen könnten: Die Ukraine-Krise, die Griechenland-Krise, das Handeln der europäischen Zentralbank zum Thema Niedrigzins, das er als rechtswidrig einstuft. Niedriger Zins sei gut für Schuldenstaaten, aber schlecht für Menschen, die für ihr Alter gespart haben – die einen sparen, der kleine Mann in Deutschland verliere seine Perspektive, weil das Geld fürs Alter dahin schmelze.

Kritisch durchleuchtete Beckstein die Flüchtlingssituation in Deutschland. Als „wunderbar“ bezeichnete er den Einsatz all der Freiwilligen, die sich um die Flüchtlinge kümmern; für ihn seien die Bilder aus München der Beweis gewesen, dass Deutschland nicht das Land sei, in dem jeder nur auf sich schaue. „Es ist toll, was da geleistet wird.“ Davon brauche es aber noch mehr, denn es sei eine „Riesenaufgabe“, diese Menschen zu integrieren. Wenn Merkel jetzt sage, ihre Politik trage Früchte, es kämen weniger Menschen, sagte er, dann sei das wohl eher dem Wetter geschuldet. Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen sage für das eben begonnene Jahr drei Millionen Flüchtlinge voraus.

Er sei in einem Flüchtlingslager im Libanon gewesen, da gab es herzzerreißende Szenen, sagte er. Kinder hätten Gummibänder an den Armen, damit man sehe, wann sie unterernährt seien. 30 Cent pro Tag stehe den Flüchtlingen zur Verfügung, sagte Beckstein. Hier müsse geholfen werden, damit die Menschen bleiben.

Aber nicht nur von Deutschland, sondern von allen. Saudi-Arabien habe sich aus der Hilfe zurückgezogen, sagte er, Katar auch. Er habe in einem Interview mit dem Fernsehsender al Dschasira voll Wut gesagt, Katar brauche wohl das Geld, um Fußballstadien zu bauen und den Rest, um die Fifa zu bestechen. Beckstein: „Ich habe jetzt eine Einladung nach Katar.“ Saudi-Arabien zahle einen Imam in Nürnberg, sagte er. „Warum helfen die mit dem Geld nicht den Menschen im Libanon, sondern unterrichten in Deutschland Menschen im rückständigen Wahabismus?“

Was die Aufnahme von Flüchtlingen angehe, stellte sich Beckstein klar hinter die Linie Seehofers; es müsse gesteuert werden, sagte er, das Land könne nicht noch einmal so viele Menschen wie im abgelaufenen Jahr. Eine Obergrenze müsse her, ob 200 000, 300 000 oder 400 000, aber es müsse geregelt werden. Es sei inakzeptabel, 100 000 Menschen ins Land zu lassen, ohne diese zu kontrollieren. Und, erinnerte er an den Fall Mehmet: „Viele fanden es schlecht, viele standen dazu, aber ich habe ihn angeschoben – und das hat Wirkung gezeigt.“ Sogar die Eltern des Jungen hätten ihn unterstützt. Auch heute müsse konsequent abgeschoben werden.

„Wir schaffen das“

Becksteins Credo: Flüchtlinge aufnehmen ja, aber in überschaubarem Umfang. Und, gab er seinen begeistert applaudierenden Zuhörern mit auf den Weg: „Wir leben in einem wunderbaren Land, in dem es schön ist.“ Die Aufgabe der Integration der bisher gekommenen Menschen, sagte er, sei machbar, „wir schaffen das“. Auch wenn er sich sonst gar nicht auf Linie mit der Kanzlerin zeigte.

Auch Bundestagsabgeordneter und CSU-Kreisvorsitzender Alois Karl stellte die Flüchtlingsproblematik in den Mittelpunkt. Er versuchte, die Situation einzuordnen: Der Libanon habe 4,5 Millionen Einwohner und 1,5 Millionen Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen, das Zusammenleben funktioniere.

Wenn man dies auf die Bundesrepublik übertrage, wären es weit mehr als 20 Millionen Flüchtlinge. Die Lösung in seinen Augen: „Wir müssen den Menschen dort in den Lagern helfen. Das ist teuer. Aber noch teurer wird es, wenn sie alle zu uns kommen.“ Karl warb sichtlich um ein differenziertes Bild der Situation; „uns geht es so gut wie nie. Dann sollte man aber nicht auf diesem hohen Niveau jammern“, warnte er.

Landrat Willibald Gailler berichtete, dass die Flüchtlinge im Landkreis dezentral in 73 Unterkünften untergebracht seien. „Wir sind auf einem guten Weg, was die Integration angeht“, sagte er. Im Schnitt kämen pro Woche 30 Flüchtlinge an, es waren heuer aber auch schon 50 oder 70. „Aber unsere Leute machen das“, sagte er. Nur wenn es so weitergehe, „ist das irgendwann nicht mehr möglich“.

Pyrbaums Bürgermeister Belzl ging kurz auf die Herausforderungen der Gemeinde für 2016 ein: Das Seniorenzentrum sei nun fertig, es sei das größte Projekt gewesen, das die Gemeinde je gestemmt habe. Im Rahmen der Städtebauförderung habe man wieder viel vor.

Gerd Kärgelein, CSU-Ortsvorsitzender von Pyrbaum, und Xaver Pfister, CSU-Ortsvorsitzender Seligenporten-Rengersricht-Schwarzach, rahmten den Empfang ein. Erster moderierte den Abend, da sein Ortsverein Ausrichter war, der andere beschloss ihn, weil sich beide Verbände die Veranstaltung seit fast 30 Jahren teilen. Nach viel Applaus gab es einen Geschenkkorb für Beckstein und ein Buffet für die Zuhörer, die zum Treff in der Grundschule gekommen waren.

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