Das Leben endet nicht im Grab

1.11.2014, 06:00 Uhr
Das Leben endet nicht im Grab

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An diese Berufung und Bestimmung erinnern uns vor allem die Feste Allerheiligen und Allerseelen. Da wird uns Menschen eine Perspektive eröffnet für eine Kultur des Lebens über den Tod hinaus. Ja selbst die Gräber werden noch geschmückt mit Chrysanthemen, Lichtern und Gestecken, Zeichen dafür, dass den Verstorbenen das ewige Leben „blühen“ soll.

Doch lenkt der Allerheiligentag zunächst unseren Blick auf die unzählbaren Heiligen der Kirche, ganz gleich, ob sie diese heilig gesprochen hat oder nicht. An diesem Tag gedenkt die Kirche nämlich auch der „Heiligen des Alltags“, also jener Menschen, die sich in selbstloser Liebe und Hingabe für den Nächsten eingesetzt oder den Glauben überzeugend gelebt haben.

Der Ursprung der Heiligenverehrung liegt aus der Sicht der katholischen und orthodoxen Kirche bereits im Credo, also im Glaubensbekenntnis aller Christen. Dort heißt es: „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen“. Wenn auch Luther und die Reformatoren die Heiligenverehrung ablehnten, so werden mittlerweile auch in der evangelischen Kirche heiligmäßige Menschen sehr geschätzt wie etwa Dietrich Bonhoeffer, Franz von Assisi oder Mutter Teresa. Denn ein Heiliger zu sein und zu werden ist vor allem Gnade Gottes.

Jeder Christ ist berufen

Das Zweite Vatikanische Konzil sagt sogar: „Zur Heiligkeit ist jeder Christ berufen“. Zunächst galt das Gedenken an die Heiligen ab dem 4. Jahrhundert vor allem den Märtyrern der frühen Kirche. Denn unzählige Christen gaben zwischen dem Jahr 64 nach Christus und 313 ihr Leben als Märtyrer für den Glauben. Der geistliche Ort dieser Heiligenverehrung war zunächst das Pantheon in Rom, das im Jahr 609 allen Heiligen geweiht wurde. Bald aber wurden auch einzelne Kirchen dem Patrozinium eines Heiligen gewidmet.

Der 2. November als Allerseelentag geht auf Abt Odilo vom französischen Reformkloster Cluny zurück. Dieser ordnete für alle ihm unterstellten Klöster im Jahr 998 das Gedächtnis aller verstorbenen Gläubigen an. Von Cluny aus wurde dann sehr bald der Allerseelentag für die ganze Kirche eingeführt. Mit der Feier von Allerheiligen und Allerseelen möchte die Kirche bewusst machen, dass nicht nur die lebenden Gläubigen, sondern auch die verstorbenen immer noch zur Kirche gehören und Kirche sind.

Deshalb auch der Jahrhunderte alte Brauch, die Friedhöfe rings um die Pfarrkirchen anzulegen. Denn in jeder Feier der heiligen Messe, in der Feier der heiligen Eucharistie werden die Lebenden und die Toten mit einbezogen in das Heil bringende Leiden und Sterben Christi. Christus vergisst auch die Toten nicht, denn er ist der eigentliche Wegbereiter für eine Kultur des Lebens. Er möchte auch die Sehnsucht der Verstorbenen nach Heil stillen und ihnen Anteil geben an seiner Auferstehung und am ewigen Leben.

So bekommt nach christlichem Verständnis das Leben, aber auch das Sterben eines Menschen einen tiefen Sinn. Sein Leben endet nicht im Grab. Dem Menschen blüht ähnlich wie den Heiligen eine großartige Zukunft: die Gemeinschaft mit Gott und allen Heiligen des Himmels.

Dekan Monsignore Richard Distler

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