Deß spricht sich gegen Verbot von Pestiziden aus

27.4.2017, 13:00 Uhr
Deß spricht sich gegen Verbot von Pestiziden aus

© F.: Pleul/dpa

Ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 100 Hektar Fläche ist im Landkreis Neumarkt genauso wie anderswo in Europa dazu verpflichtet, fünf Hektar als sogenannte "ökologische Vorrangfläche" auszuweisen.

Die EU hat dazu einst eine Verordnung erlassen, um bedrohte Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Hält sich ein Landwirt nicht an diese Fünf-Prozent-Vorgabe, werden ihm die Gelder aus dem EU- Haushalt gekürzt.

"Man kann die Vorrangfläche brach liegen lassen, eine Wiese ansäen, Zwischenfrüchte wie Kresse oder Kleearten darauf anbauen oder Eiweißfrüchte wie Erbsen ansäen", berichtet Michael Gruber, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes in Neumarkt. Die meisten Landwirte im Landkreis bauen Zwischen- oder Eiweißfrüchte an, die man zur weiteren Produktion nutzen kann. Die Konsequenz: Die Flächen müssen ab und an mit Pestiziden behandelt werden.

Dagegen will die Europäische Kommission, in der je ein Vertreter der 28 Mitgliedsstaaten sitzt, nun vorgehen: Sie hat die Änderung der "Verordnung Nr.639/2014" vorgeschlagen. Unter anderem geht es darin um ein Verbot des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln auf den besagten Vorrangflächen, um die Vielfalt von Pflanzen und Tieren nicht weiter zu gefährden.

Ohne Einspruch in Kraft

Während der Ministerrat, der sich in diesem Fall aus den Agrarministern der 28 Mitgliedsstaaten zusammensetzt, sich zu dieser sogenannten "delegierten Verordnung" bislang nicht zu Wort gemeldet hat, hat der CSU-Abgeordnete Albert Deß im Europäischen Parlament interveniert: Er hat eine Verlängerung der Frist beantragt, damit Europäische Kommission und EU-Parlament an einer besseren, für beide Seiten akzeptablen Lösung feilen können.

Deß erhält hierbei Rückendeckung von anderen Parlamentariern, darunter auch von seinem britischen Kollegen John Stuart Agnew von der rechtspopulistischen Ukip. Woher die Unterstützung für sein Anliegen kommt, so Albert Deß auf NN-Nachfrage, sei ihm egal: "Es geht um die Sache, nicht darum, von wem sie kommt."

Für Albert Deß ist das Verbot von Pestiziden in der EU zu kurz gedacht: "Wir müssen doch global denken: Wenn wir das Verbot erlassen, können 300 Hektar zum Anbau von Eiweißpflanzen, sprich 1,2 Millionen Tonnen Futtermittel in der Landwirtschaft nicht mehr angebaut werden. Diese müssten wir mit Schiffen, beispielsweise aus den USA oder Brasilien importieren – wie viel Diesel wir dafür verbrennen müssten. . ."

Dies sei umweltschädlich, "nicht die Pflanzenschutzmittel, die einmal, direkt nach der Aussaat der Ackerbohne auf den trockenen Boden ausgebracht werden, um das Wachstum von Unkraut zu verhindern", findet der CSU-Europa-Abgeordnete.

"Unsägliche Argumentation"

Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent im Landesbund für Vogelschutz (LBV) nennt Deß‘ Argumentationsmuster "unsäglich": "Die Vorrangflächen – Ackerränder, Wiesen, Hecken und Gräben – seien eh viel zu wenige und eigentlich dazu gedacht, dass sie den Tier- und Pflanzenarten, denen es schlecht geht, Vorrang gewähren."

Er fährt fort: "Deshalb sollten unserer Ansicht nach Futterpflanzen wie diese Eiweißpflanzen darauf gar nicht angebaut werden." Von Lindeiner betont, dass er den Landwirten auch nicht einen Euro wegnehmen wolle: "Der Bauer hat schließlich kein Interesse daran, seine eigenen Flächen zu zerstören. Aber er hat keine andere Wahl, wenn er von Gesellschaft und Politik nicht besser entlohnt wird."

Mit Christian Schmidt auf Linie

Der LBV-Vertreter und der Politiker werfen sich gegenseitig vor, nur an Geld und Ansehen interessiert zu sein. Während andere Umweltverbände auf der Seite von Andreas Lindeiner stehen, unterhält Deß Rückendeckung von Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt: Wie das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtet, hofft dieser auf einen Erfolg von Albert Deß in Brüssel.

Sollten die in Kürze beginnenden Verhandlungen zwischen EU-Parlament und Kommission scheitern, so Deß weiter, werde er einen Antrag auf Ablehnung der "Änderung der delegierten Verordnung Nr.639/2014" stellen – über diesen muss das EU-Parlament dann abstimmen.

Damit Deß Veto Erfolg hat, bräuchte es 376 der 751 Stimmen der in den Mitgliedsländern gewählten und ins EU-Parlament entsandten Abgeordneten. Denn anders als bei sonstigen sogenannten Rechtsakten der EU ist bei einer delegierten Verordnung Widerspruch von einer Seite (Parlament oder Ministerrat) ausreichend, um solch ein Vorhaben zu kippen.

Die Kommission kann es dann mit einem neuen Rechtsakt erneut versuchen.

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