„Die rechnen nicht mit mir...“

27.8.2011, 00:00 Uhr
„Die rechnen nicht mit mir...“

© Fellner

Was Gertrud Heßlinger sich in diesen Tagen antut, ist die wahre Ochsentour. Für einen aufwändigen OB-Wahlkampf, wie ihn sich UPW und CSU leisten, reicht der Etat der SPD nicht. In ihrer Kampa 2011 in der Ringstraße 5a haben sich die Neumarkter Genossen in den vergangenen Monaten immer wieder versammelt, haben an einem Grundsatzprogramm gearbeitet, das den Namen auch verträgt, und haben gerechnet und getüftelt, wie sie ihre knappen Finanzen am zielführendsten einsetzen können. Es gibt nur ein Plakatmotiv und auf den Wahlslogan, den sie sich ausgedacht haben, sind sie stolz: „Gertrud Heßlinger. Starke Frau“ steht da zu lesen.

Eine Materialschlacht, sagt Heßlinger offen, kann sich die SPD nicht leisten. Trotzdem werde sie einen Dauerwahlkampf bis zum 25. September führen, mit den Mitteln, die sie habe: „Ich suche das Gespräch mit dem Wähler.“ Dem will sie ihre Ziele näher bringen, den will sie überzeugen, sie zu wählen. Die Resonanz sei gut, freut sich Gertrud Heßlinger: „Viele Frauen haben gesagt, sie finden es gut, dass ich das tue, sie werden mich wählen.“ Was sie sichtlich ärgert: Dass sie im Wahlkampf zwischen den beiden Thumännern manchmal nicht stattfindet. Da heiße es dann, wer es werde, wisse man nicht, aber der nächste OB heiße mit Sicherheit Thumann: „Die rechnen nicht mit mir – aber die verrechnen sich.“

Inhaltlich hat sich Gertrud Heßlinger gut aufgestellt, schneidet mit ihrem Wahlprogramm tief die wichtigen Zukunftsfelder an, von denen sie weiß, dass sie für eine Kommune wie Neumarkt entscheidend sein werden. Da geht es zum einen um das Fitmachen einer Stadt für eine ständig älter werdende Bevölkerung; hin über Mehrgenerationshäuser, finanzierbarem Wohnraum für Familien und der Stärkung der Teilhabe behinderter Menschen durch die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf kommunaler Ebene.

Dazu gehört für sie ein Lebensmittelmarkt in der Altstadt, eine gelungene Anbindung des Neuen Marktes an die Altstadt, ein Flächenmanagement in der Altstadt, ein Sonntagsbus für ältere Mitbürger, in welcher Form auch immer, eine ganztägige Ferienbetreuung für Kinder und Jugendliche genauso wie ein ausgewogenes Bildungsangebot für Schüler in Neumarkt. Eigenständige, autarke Stadtwerke seien heute wichtiger denn je, Klimaschutzmaßnahmen müssten ergriffen und umgesetzt und eine bessere Zusammenarbeit mit dem Landkreis angestrebt werden, um das vorhandene Wissen besser zu nutzen. „Wir müssen jetzt planen, was wir für unsere Kinder und Senioren in zehn bis 15 Jahren tun wollen“, sagt Heßlinger und verweist auf die Hasenheide: Es nütze halt nichts, wenn man dort die Grundschule saniere, aber keinen Wohnraum für junge Familien schaffe, „wo sollen die Kinder denn herkommen, die dort eines Tages in die Schule gehen sollen?“, fragt sie.

„...aber die verrechnen sich“

Infostände, zahllose persönliche Gespräche und Termine an Brennpunkten: So will Gertrud Heßlinger ihren Wahlkampf führen. Womit sich der Kreis am Bahndamm wieder schließt. Da hat sie noch einmal den SPD-Bundestagsabgeordneten Martin Burkert aus Nürnberg nach Neumarkt geholt, der sich die Situation vor Ort ansah (wir berichteten). Wobei es nicht nur um den Lärm geht, sondern auch um die Sicherheit an dieser Stelle: Weil keine Möglichkeit da ist, laufen Kinder wie Erwachsene unter der Brücke einfach über die Gleise. Eine Unterführung fordert Gertrud Heßlinger, um die Situation zu entschärfen. Dafür ist ihr die Zustimmung der Anwohner gewiss, die um die Sicherheit der Kinder fürchten. „Es vergeht kein Tag, an dem nicht einmal ein Lokführer hupt, um Leute von den Gleisen zu scheuchen“, weiß ein Anwohner, der dankbar das Gesprächsangebot der OB-Kandidatin und des Bundestagsabgeordneten angenommen hat.

Es sind Termine wie dieser, die Gertrud Heßlinger Gewissheit geben, die Kandidatur zurecht angenommen zu haben. Vor sechs Jahren, da war sie drei Jahre im Stadtrat, hatte sie noch abgelehnt, jetzt aber fühlt sie sich bereit, Verantwortung zu übernehmen. Und, wiederholt sie noch einmal, leise lächelnd: „Die rechnen nicht mit mir, aber die verrechnen sich.“

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