„Ein Bauwerk hat eine bestimmte Funktion zu erfüllen“

3.3.2014, 10:57 Uhr
„Ein Bauwerk hat eine bestimmte Funktion zu erfüllen“

© Fritz-Wolfgang Etzold

Gemeinsam mit Meinhard von Gerkan hat Volkwin Marg 1965 die Architektensozietät gmp gegründet. Bekannt wurde gmp bereits Mitte der 1970er Jahre durch seine Flughafenarchitektur und den 1975 als Drive-In-Airport eröffneten Flughafen Berlin-Tegel. Heute beschäftigt das Hamburger Architekturbüro an 13 Standorten im In- und Ausland mehr als 500 Mitarbeiter und zählt zu den weltweit führenden Institutionen der Architektur.

Architektur als Synthese

 

In Neumarkt stand die „Architektur als Synthese der Ästhetik von Funktion, Konstruktion und Deutung“ auf dem Programm. Was auf den ersten Blick eher komplex und philosophisch klingt, hat Volkwin Marg als logisches Beziehungsgeflecht entzaubert: „Ein Bauwerk hat eine ganz bestimmte Funktion zu erfüllen und wird unter dem jeweiligen Aspekt konstruiert“, definiert der Architekt die ingeniöse Komponente des Bauwesens. „Die Konstruktion bestimmt seine Grundzüge und seine Erscheinung, der Architekt verleiht ihm die Deutung.“

Als historisches Beispiel für herausragende Ingenieurleistungen nennt Marg den bis ins 19. Jahrhundert weltgrößten Kuppelbau und das zugleich erste Betonbauwerk, das römische Panteon. Als charakteristisches Ingenieurbauwerk der Neuzeit sieht er den Bahnhof – ein reinrassiger Zweckbau, dem der Architekt mit neoklassizistischen Portalbauten und großen Uhren eine Deutung verliehen hat.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ebnete die Gusseisen-Architektur den neuen Baustoffen Metall und Glas den Weg und nutzte die Konstruktion zugleich als gestalterisches Element. Anlässlich diverser Weltausstellungen entstanden unter anderem der Crystal Palace in London und die Maschinenhalle (Galérie des Machines) in Paris – filigran wirkende Zweckbauten mit damals unglaublichen Spannweiten von bis zu 115 Meter. Und Gustave Eiffel schuf mit seinem gleichnamigen Eisengitterturm eine Selbstdarstellung als Symbol des konstruktiv Machbaren.

Es sind diese Grundlagen des Konstruktivismus, die in den Entwürfen von Volkwin Marg immer wieder eine tragende Rolle spielen.

Er verbindet sie mit modernen, CAD-gestützten Konstruktionsmethoden und setzt sie stets in Beziehung zu klassischen Gestaltungselementen, die in der jeweiligen Region zu finden sind. So die Reminiszenzen an die römische Architektur bei der neuen Messe in Rimini.

Ein Tentrapilon markiert den Zugang zum Gelände, Kolonaden säumen die mit Tonnendächern versehenen Messehallen, die Säulenhalle mit dem Empfangsbereich trägt eine Kuppel in Holzfertigbauweise, die einschließlich der tragenden Bogenelemente an das Pantheon in Rom erinnert.

Auch die neue Messe in Leipzig ist eine streng axiale Konzeption mit Campagnile und Arkaden, die Hallen tragen Tonnendächer mit 80 Meter Spannweite. gmp hat sie von außen abgespannt, konnte so auf stützende Elemente verzichten und Material einsparen.

 

Verbindungen schaffen

 

Noch offensichtlicher wird der Konstruktivismus im Bereich der Verkehrsbauten. So hat gmp eine Doppelbrücke für den Fürst-Pückler-Park in Bad Muskau entworfen. Diesen Park teilt die Neiße, zugleich deutsch-polnische Grenze.

Nach den Öffnungszeiten schwingen zwei Straßenteile in Parallelverschiebung sozusagen als Dach über die verbleibenden Wege und können eine Laube für die Besucher bilden.

„Wir wollen mal eine Brücke neu erfinden.“ Mit diesem Antrieb haben sich die Architekten von gmp Gedanken über eine Klappbrücke in Kiel gemacht und in Stabilbaukastenmanier experimentiert.

Herausgekommen ist dabei eine dreiteilige Konstruktion, die sich Z-förmig zusammenfaltet, dabei senkrecht stellt und so den Wasserweg freigibt. „Alle Elemente des Maschinen- und Stahlbaus sind sichtbar und deuten klar auf die Funktion hin“, sagt Vokwin Marg und verweist zugleich auf die klassischen Formen vorhandener Details wie dem Brückengeländer, die sich im Neubau widerspiegeln.

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