Ein kauziger Kommissar und zwei geniale Autoren

8.5.2012, 00:00 Uhr
Ein kauziger Kommissar und zwei geniale Autoren

© Wolfgang Fellner

Autoren-Lesungen sind immer so eine Sache. In Zeiten, in denen jeder mehr oder minder begabte Autor seine Ergüsse im Eigenverlag in die Verwandtschaft fluten kann, in denen Verlage ihre Autoren auf immer längere Lesereisen durch die Republik schicken, um die Auflage doch noch anzukurbeln. Und: Nicht jeder, der gut schreibt, kann auch spannend, packend, einfühlsam, mitreißend lesen.

Als eine Klasse für sich zeigten sich da Volker Klüpfel und Michael Kobr, die den Reitstadel füllten. Das war keine Lesung, das war spannend, komisch, schräg, unterhaltsam; „Kabarett plus“ sozusagen, was die beiden zum Besten gaben. Vordergründig ging es um den neuen Kluftinger-Fall „Schutzpatron“, doch in Wahrheit war es eine zweistündige Zwei-Mann-Show Klüpfel und Kobr.

Blitzlichtgewitter im Saal

Sie spielten sich, lasen den Kluftinger, wechselten die Ebenen, parodierten die eigene Romanfigur, persiflierten sich selbst und das begeisterte Publikum — und ließen nichts aus: Als eine Dame in der ersten Reihe zu offensichtlich die Kamera zückte, warf sich Klüpfel in die schmale Brust, grinste verführerisch, bis Kobr das bemerkte und darauf bestand, auch fotografiert zu werden. Daraufhin stieg die Zahl der Kameras im Saal um das gefühlte Zehnfache, es blitzte und blinkte, je nachdem, ob es noch eine Kamera oder schon ein Smartphone war. „Und gleich anschließend sofort hochladen“, lautete die Regieanweisung von der Bühne, „auch wir sind beim Gesichtsbuch, stellt es da ein“.

Was der Lehrer und der Journalist ihrem Publikum präsentieren, ist in sich hoch homogen, abgestimmt, nichts dem Zufall überlassen. Wenn der trotzdem zuschlägt, wird er mit quietschenden Bremsen der Show einverleibt. Gefällig und gut.

Worum es im „Schutzpatron“ geht? Um einen sagenumwobenen Schatz, Morde und Kluftingers ersten Flug. Zwar nur nach Wien, aber zwerchfell-malträtierend. Der Rest war die schönste Nebensache der Welt, denn die überwiegende Mehrheit im Saale wusste es bereits.

Die Leseproben, die Klüpfel und Kobr gaben, waren stark ausgesucht, passend zu dem, was an Klufti-Show außen herum passierte. Und das Kokettieren mit der Tatsache, dass sich Kluftinger international nicht verkaufe, eben ein Kokettieren. Kluftinger auf englisch oder tschechisch – mei, die Welt ist halt noch nicht reif für den Schwaben.

Grämen sollten sich die Schöpfer der Figur nicht, dass nun doch kein Tatort-Kommissar daraus geworden ist. Das hätte nur die Franken auf den Plan gerufen, die andauernd einen Nürnberg-Tatort einfordern, die aber keinen Volker Klüpfel und keinen Michael Kobr haben. Obwohl Altusried wesentlich kleiner als Nürnberg ist. Und, von wegen Tatort: Diese vermeintliche Ehre braucht es nicht; wer Klüpfel, Kobr und Kluftinger auf der Bühne erlebt hat, der weiß, dass sie besser sind.

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