Finanzierung wird zu einer neuen Barriere für Neumarkt

23.11.2014, 19:00 Uhr
Finanzierung wird zu einer neuen Barriere für Neumarkt

© Fritz Etzold

War die ganze Arbeit, die ganze Hektik am Ende umsonst? Lediglich ein halbes Jahr hatte die Stadt Neumarkt als eine von 16 bayerischen Modellkommunen im Programm „Bayern barrierefrei bis 2023 – Bau und Verkehr“ Zeit bekommen, ein Konzept für mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum zu entwickeln.

Das Projekt biegt schon auf die Zielgerade: In der Novembersitzung am kommenden Mittwoch werden die zwei damit beauftragten Planungsbüros ihre Ergebnisse dem Stadtrat präsentieren. Am Ende sollen die erstellten Konzepte aller Modellkommunen zu einer Art Leitfaden zusammengefügt werden.

So der Plan, den das Bayerische Innenministerium mit jeweils 25 000 Euro anschob. Neumarkt legte noch einmal in etwa die gleiche Summe drauf, rund 50 000 Euro lässt sich die Stadt die Vorreiterrolle kosten.

Doch nun greift die Staatsregierung beim Thema Barrierefreiheit in die Speichen. Zum einen wurde bekannt, dass die Bitte des Sozial- und des Innenministeriums um zusätzliche Milliarden für die Barrierefreiheit beim Finanzminister durchgefallen ist. Zum anderen relativierte Ministerpräsident Seehofer bei einem Gespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden seine Ankündigung nach der Landtagswahl 2013, den öffentlichen Raum und den ÖPNV in Bayern in den kommenden zehn Jahren barrierefrei zu machen.

„Es ist uns wirklich klar gesagt worden, dass hier natürlich nur für den Freistaat Bayern gehandelt werden kann“, berichtete Landkreispräsident Christian Bernreiter (CSU) nach dem Gespräch. Nun geht in den Kommunen die Sorge um, auf den Kosten sitzen zu bleiben, die durch Entscheidungen der Staatsregierung verursacht werden.

Auch Neumarkts Stadtbaumeister Matthias Seemann war nach eigenem Bekunden „relativ geschockt“, als er vom Rückzieher aus München hörte.

Erst im Mai war die Modellkommune an den Start gegangen. Unter großem Zeitdruck wurden Beschlüsse gefasst, Bestandsaufnahme und Projektentwicklung durchgeführt (wir berichteten). „Die geforderte Abgabe bis zum Jahresende war eigentlich unmöglich zu schaffen. Wir sind aber auf einem guten Weg, weil wir auch woanders Arbeitspotenzial abgezogen haben“, sagt Seemann.

Und alle Fragen offen

Und nun das: „Jetzt stehen wir mit den Maßnahmen womöglich alleine da“, so der Stadtbaumeister. „Ob die Konzepte der Modellkommunen überhaupt noch zusammengeführt werden, ob es vielleicht später einmal andere Fördermöglichkeiten geben wird, das ist noch völlig offen.“

Zumindest die Spitzen der kommunalen Spitzenverbände hatten sich vor dem Treffen mit dem Ministerpräsidenten keine großen Illusionen gemacht: Aus der von Seehofer damals gebrauchten Formel solle ein „Maßnahmenpaket abgeleitet werden, damit Erwartungen, die übertrieben sind, auf ein Normalmaß zurückgestuft werden können“, meinte Städtetagspräsident Ulrich Maly danach. Zunächst soll sich bis zum Frühjahr 2015 eine Arbeitsgruppe von Kommunen und Staatsregierung beraten.

Auch er sei trotz der Brisanz des Themas realistisch geblieben, sagt der Lauterhofener Bürgermeister Ludwig Lang. In seiner Marktgemeinde betreibt Regens-Wagner eine große Einrichtung, dementsprechend viele Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte sind dort unterwegs. „Das wird ein Dauerproblem bei uns bleiben, das man nicht von heute auf morgen lösen wird“, sagt der Rathauschef.

Im Laufe von Baumaßnahmen und Neuplanungen werde heutzutage Barrierefreiheit immer mitgedacht, so Lang weiter. Eine umfassende Nachrüstung des gesamten öffentlichen Raums innerhalb von zehn Jahre sei aber schlichtweg nicht finanzierbar.

In Neumarkt muss sich der Stadtrat nun entscheiden, ob er, und wenn ja, wie er auf die neue Situation reagieren möchte. Um den Planungskostenzuschuss über 25 000 Euro aus München muss die Stadt laut Stadtbaumeister Matthias Seemann aber nicht bangen: „Ich gehe fest davon aus, dass wir das zugesagte Geld erhalten.“

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