Fliegende Faust traf den Falschen

22.2.2018, 10:36 Uhr

Laut Staatsanwalt Florian Beer hatte der 19-Jährige einem Studenten am 7. Oktober nach 2 Uhr morgens vor dem Zelt die Faust ins Gesicht geschlagen. Der Hieb verursachte mehrere Tage schmerzende Zähne, bleibende Schäden gab es aber nicht.

Der Angeklagte, der rund 2,45 Promille Alkohol im Blut hatte, erinnerte sich nur noch an wenig. Er habe das Rock-Zelt mit seiner Freundin verlassen und sauer reagiert, als aus einer Gruppe heraus seine Begleiterin beleidigt worden sei. Den Wortlaut habe er vergessen. Jedenfalls habe er die jungen Männer zur Rede gestellt. Es sei geschubst und gerempelt worden und aus dem Gerangel heraus habe er vermutlich den Studenten getroffen.

Das tue ihm leid. Der 19-Jährige entschuldigte sich bei ihm noch im Gerichtssaal. Auch das Opfer litt, obwohl deutlich weniger alkoholisiert, an Gedächtnislücken. Es sei spät und dunkel gewesen. Der 22-Jährige wusste auch nicht mit Gewissheit zu sagen, ob es der Angeklagte war, von dem er den Schlag abbekommen hatte.

Zum Glück gab es einen Sicherheitsmann, der nicht nur Schlimmeres verhinderte, sondern als einziger nüchterner Zeuge des Vorfalls dem Gericht auch genau sagen konnte, was sich in dieser Nacht abgespielt hatte.

Der Angeklagte sei ihm von seinen Kollegen im Inneren des Zelt übergeben worden, weil er sich dort aggressiv benommen hatte und ins Freie komplimentiert werden musste. Vom Hörensagen wusste der Wachmann, dass möglicherweise tatsächlich Beleidigungen der Freundin mit Ausdrücken wie "Schlampe" der Grund für das Verhalten des Maurers waren.

Zornig vor dem Zelt

Auch vor dem Zelt wollte er sich nicht beruhigen. "Er ist zornig und wutschnaufend auf und ab gelaufen", schilderte der Zeuge die nächsten Minuten. Dann habe er sich ein Wortgefecht mit einer Dreiergruppe geliefert, zu der auch das spätere Opfer zählte. Vorsorglich griff die Security ein. "Ein Kollege und ich haben ihn an den Armen gepackt und in Richtung der Bushaltestelle geschoben, ihn aber weiter im Auge behalten."

Dort habe er sich schnell mit einer anderen Gruppe angetrunkener junger Leute angelegt, die gerade dabei waren, mit einem gecharterten Bus die Heimfahrt anzutreten. Der körperlich Kleinste habe sich am meisten als Stänkerer hervor getan.

Ihm habe wohl der Schlag gegolten, vermutete der Zeuge. Doch der nissige Knirps duckte sich weg und die Faust traf einen anderen. In die "Flugbahn" der Faust geriet dabei auch der Student, der es sich nicht hatte nehmen lassen, ebenfalls "nei zu belfern".

Eine dem Alkohol, dem Alter der Protagonisten und der Uhrzeit entsprechende Gemengelage, die auf bayerischen Volksfesten oder ähnlichen Veranstaltungen nicht selten vorkommt. Deshalb regte Verteidiger Rudolf Gerber an, das Verfahren gegen 300 Euro Schmerzensgeld für den Studenten und eine Geldauflage einzustellen.

Richter Marcel Dumke unterbrach ihn kurz, um zu erklären, dass er nicht auf vorsätzlicher Körperverletzung beharren möchte. Er spreche jetzt von versuchter Körperverletzung. Aber auch er sowie Staatsanwalt Beer stimmten grundsätzlich einer Einstellung zu. "Zuvor legen Sie aber noch ein paar Euro drauf", riet Dumke dem Anwalt.

Mit 800 Euro Schmerzensgeld und 800 Euro für die Lebenshilfe Neumarkt könne er sich anfreunden. So kam es auch. Den Eltern des Angeklagten riet Dumke, dem Sohn jetzt nicht finanziell unter die Arme zu greifen: "Er hat es sich eingebrockt, jetzt soll er es auch auslöffeln".