Gute Architektur ist wie guter Wein: kostbar

30.3.2012, 17:00 Uhr
Gute Architektur ist wie guter Wein: kostbar

© Fellner

Wobei diesmal nicht die reine Lehre im Mittelpunkt stand, sondern die Zuhörer aus den Weinkellern in die dazugehörenden Häuser, Verkaufsstellen, in die Lagerkeller und den Buschenschank entführt wurden.

Doch ehe sich Hempel auf die Wanderung machte, tauchte er kurz in die Geschichte Südtirols ein. Das war im November 1918 zu Italien gekommen; als Benito Mussolini dann begann, es dem italienischen Staat einzuverleiben in den 20er Jahren, so Hempel, habe dies auch zur Folge gehabt, dass moderne Architektur in den Tälern entstand. Für den Südtiroler war moderne Architektur seither die Architektur der Besatzer und als solche verpönt.

Kurioses Ergebnis: Gebaut hat der Südtiroler fortan im Südtiroler Bauernhofstil, seien es Wohnhäuser, Hotels oder eben Bauernhöfe: „Das Land ist verjodelt und vertirolerisiert“, sagte Hempel schmunzelnd. Dazu kommen in den engen Talgründen Industriebauten, für die hässlich noch ein Lob ist. Doch eine neue Generation an Architekten sei in den vergangenen Jahren angetreten, das zu ändern, und die Weinbauern hätten erkannt: Wenn ihr Wein aus wertvollen Gebäuden komme, spiegele er eine ganz andere Wertigkeit wieder: „Nur aus guter Architektur heraus kann Gutes entstehen“, plädierte Hempel.

Eine neue Qualität

Dazu kam: Der bisher übliche Südtiroler Wein hatte sich überlebt. Eine neue, aufregende Qualität war gefragt – beim Wein wie bei der Architektur. Und beide hätten sie inzwischen.

Beispiel: Die Eisacktaler Kellerei in Klausen. „Schön, was aus dieser öden Industrieschachtel geworden ist“, lobte der Architekt und zeigte Bilder von vorher und nachher. Beeindruckend – und das oft mit ganz simplen Mitteln: Vor allem reduziert auf große, klare, erdfarbene Flächen ist die Halle nun, ein Band in dunklem Rot zieht sich an den Flanken hin. Viel Holz, warme Töne, innen und außen. So ging es durch zahlreiche Weinkeller; erst folgte die Vorstellung der Tropfen, die hier gedeihen, dann die Präsentation der Gebäude, in denen sie entstehen.

Das Credo des erfahrenen, weitgereisten Architekten klang immer wieder durch: Nur wertvolle Architektur schafft auch wertvolle Inhalte. Auch in Deutschland. Hempel: „Ich wünsche mir eine neue Architektur, die auch von Qualität geprägt ist und die auch mehr nach außen zeigt.“ Wer seinen Arbeitsplatz in einer öden Schachtel habe, könne doch auch nicht gut arbeiten. Und, es gibt da viel zu tun: Nur fünf Prozent der Bauten heute seien qualitätsvoll, der Rest, nun, das Wort unterschlagen wir. Besonders tragisch: Diese fünf Prozent Qualität werden von der massiven Quantität des Durchschnitts erdrückt. Auch in Neumarkt hatte Hempel Qualität ausgemacht: Ein dickes Lob gab es für Johannes Berschneider, der das Museum Lothar Fischer gebaut hat. Und dann war‘s genug der Architektur: Eine Weinverkostung im Foyer des Maybach-Museums lockte die über 300 Besucher.

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