Hochverschuldete Mutter ging munter online-shoppen

21.4.2018, 10:00 Uhr

Folgerichtig stand nun die 29 Jahre alte verheiratete Mutter von drei Kindern wegen Betrugs in sechs Fällen vor dem Amtsgericht Neumarkt. Dazu kam noch der Erwerb von einem Gramm Amphetamin.

Zur Verhandlung hatte die Angeklagte den freiwilligen Drogenentzug in der geschlossenen Abteilung des Bezirksklinikums unterbrochen. Es war der zweite Termin, beim ersten war sie für verhandlungsunfähig erklärt worden.

In der Anklageschrift wurde der jungen Frau zur Last gelegt, bei Versandhäusern in der ganzen Bundesrepublik Waren, meist Kleidung, bestellt zu haben, obwohl sie bis über den Hals in Schulden steckte und noch steckt. Einen Überblick hat sie nicht, meint aber, dass ihr Mann auf etwa 20 000 Euro gekommen sei.

Deshalb findet sich ihr Name bei der Schufa, einer Wirtschafts-Auskunftei, die ihre Vertragspartner über die Kreditwürdigkeit Dritter informiert. Unter ihrem eigenen Namen wäre es schwierig gewesen, diese Warenpakete im Gegenwert zwischen 200 und 400 Euro zu bestellen. Darum wandte sie sich an ihren alten Schulfreund, der sich, wie er zugab, zu ihr hingezogen fühlte. "Ich habe es aus Freundschaft getan, ich wollte helfen", versicherte er Richter Würth.

Er habe als Gegenleistung erotische Filmchen von ihr erwartet, erklärte die 29-Jährige. In diesem Zusammenhang interessierte das Gericht der Whats-App-Verlauf auf dem alten Handy des Zeugen. Deshalb wurde die Verhandlung unterbrochen, damit er schnell nach Hause eilen und das alte holen konnte.

Tränen und Beteuerungen

Wichtiger schien Rechtsanwalt Christopher Lihl, ob der Zeuge von den Schufa-Problemen seiner ehemaligen Angebeteten gewusst habe. Auch auf intensive Nachfrage beteuerte der immer wieder, er habe gewusst, dass seine Bekannte Schulden habe, von der Schufa sei aber nie die Rede gewesen. Im Gegenteil, mit der habe er Problem bekommen, als er die Rechnungen nicht bezahlen wollte.

Lihl hatte seine einschlägig vorbestrafte Mandantin schon vor der Sitzung darauf vorbereitet, dass sie wohl um eine Haftstrafe nicht herum kommen würde. Das versetzte die junge Frau sichtlich in Angst. Sie konnte in der Verhandlung das Zittern nicht verbergen und brach mehrfach in Tränen aus.

Dem früheren Schulfreund stellte sie als Geste des guten Willens in Aussicht, ihm 1000 Euro zu überweisen, die ihr der Schwiegervater vorstrecken wolle. Den Rest würde sie abstottern. Auf die Versprechungen von Ratenzahlungen habe er sich aber schon damals nicht verlassen können, als er plötzlich mit den Rechnungen konfrontiert worden sei, reagierte der Altenpfleger zurückhaltend.

Nicht das erste Mal

Nach einem Sechsaugengespräch mit Richter und Staatsanwaltsvertreter nahm Lihl seine Mandantin kurz zur Seite und erklärte dann, dass diese den Tatvorwurf ohne Wenn und Aber einräume. Unbeeindruckt von denn Tränen stellte Staatsanwaltsschaftsvertreter Walter Beren nüchtern fest, dass es sich hier um sechs Betrugsfälle handele. Da die Angeklagte in der Vergangenheit schon vier Mal einschlägig verurteilt worden ist und zuletzt wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor Gericht stand, sei eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten unausweichlich. Ohne Bewährung.

Der Verteidiger bat darum, nochmal Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Die Sozialprognose seiner Mandantin sei nicht schlecht. Sie sei verheiratet, habe drei Kinder und bemühe sich ernsthaft, ihr Drogenproblem in den Griff zu bekommen. Die einschlägigen Vorstrafen seien allesamt mit Strafbefehlen geahndet worden. Seine Mandantin stehe erstmals vor Gericht, und das habe sie sichtlich mitgenommen. Er bat um eine milde Freiheitsstrafe mit Bewährung.

Diese Bitte richtete die 29-Jährige auch an Richter Rainer Würth: "Denken Sie an meine drei Kinder, die kann ich nicht alleine bei meinem Mann lassen. Ich flehe Sie an, mich nicht zu inhaftieren." Der Vorsitzende sah zwar Ansätze zum Positiven, aber sie reichten ihm nicht. Deshalb muss die junge Frau für sieben Monate hinter Gitter. Sie bekommt aber noch Zeit, um sich unter anderem um die Betreuung der Kinder während der Haft zu kümmern.

Heikle Angelegenheit

Nach kurzem Gespräch mit der Mandantin erklärte Lihl Rechtsmittelverzicht, auch der Staatsanwaltschaftsvertreter tat das nach Rücksprache mit seiner vorgesetzten Stelle. Während letzterer draußen in dieser Sache telefonierte, bedauerte Lihl, dass die Staatsanwaltschaft einen noch unerfahrenen Referendar mit diesem heiklen Fall betraut hatte, der sich überdies dann auch noch bei jemand rückversichern müsse, der noch weniger darüber wissen könne. Richter Rainer Würth wollte ihm da nicht widersprechen.