"Jugend debattiert": Mit Argumenten schachmatt gesetzt

28.3.2015, 17:00 Uhr

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Während beispielsweise an Schulen in den USA Rhetorik häufig zum Alltag gehört, ist es hierzulande eher selten. Zwei Schulen im Landkreis wollen ihre Schüler aber dennoch in der Kunst des Reden und Diskutieren schulen – und schicken ihre Schützlinge sogar zum Wettbewerb „Jugend debattiert“.

Die Edith Stein Realschule in Parsberg war hier bereits erfolgreich: Veronika Pahlow (16) hat es kürzlich beim Landeswettbewerb in München bis ins Finale geschafft. Ein schöner Erfolg: Müssen sich die Jugendlichen doch erst klassen-, dann schulintern und später auf Regionalebene beweisen, bevor es zum Landes- oder gar Bundeswettbewerb geht.

Haltung ist fix

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Zwei Minuten Eröffnungsrede, zwölf Minuten freie Aussprache und eine Minute Schlussrede sind hierbei für jeden Redner vorgesehen. Die Themen, wie Antibiotika-Einsatz in der Tierhaltung oder Gigaliner auf deutschen Straßen, sind zur Vorbereitung bereits einige Zeit vorab bekannt – auch die Haltung (Pro oder Contra) ist vorgeschrieben.

Eine Jury aus Schülern und Lehrern beurteilt jeden Redner dann bei den Wettbewerbe nach Überzeugungskraft, Sachverständnis und Gesprächsfähigkeit. Bei den Parsbergern war das Debattieren ein halbes Jahr lang eingebettet in den Deutschunterricht und diente laut Lehrer Stephan Buckow sogar zum Noten machen.

Während er bei einigen erst den Ehrgeiz wecken musste, fiel die Entscheidung in Luisa Anders Klasse, wer am Schulwettbewerb mitmachen soll, recht schnell: „Sie bringt sowieso immer ein Argument dagegen“, sagt Luisas Freundin Verena Braun (16) und meint dies anerkennend und nicht negativ.

Selbstbewusstsein getankt

Durch den Wettbewerb und das freie Sprechen vor der Klasse habe man Selbstbewusstsein tanken können, das laut Luisa Bogner (16) bei Bewerbungsgesprächen sicher brauchbar sein wird. Und die Landesfinalistin Pahlow sieht noch eine andere Verwendungsmöglichkeit: „Ich möchte vielleicht Lehrerin werden, da muss man auch immer kontern.“

Für die Realschülerinnen geht es nun in die heiße Phase zur Mittleren Reife, diskutieren werden sie im Unterricht nicht mehr. Für die Abschlussprüfung, in der auch eine Erörterung mit Begründungen und Belegen geschrieben werden muss, war das vergangene halbe Jahr aber schon mal ein gutes Training.

Sich besser verkaufen

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Auch am Willibald-Gluck-Gymnasium wird diskutiert. Je nach Lehrkraft findet es in der zehnten oder elften Klasse statt, berichten Sara Weber (18) und Benjamin Münch (18). Die Auswahl für den Wettbewerb „Jugend debattiert“ liefen hier genauso wie in Parsberg. Vier Finalisten schickten die Neumarkter daraufhin zum Regionalwettbewerb nach Amberg. Man habe sich besser verkaufen gelernt, findet Tobias Dolmer (17) und Matthias Zuckschwert (17) ergänzt: „Ich nehme daraus mit, wie ich mit Leuten rede.“

Damit meint er nicht den richtigen Umgangston – den haben die Schüler in Parsberg und Neumarkt perfekt drauf: „Ich habe beim Regionalwettbewerb zu viele Argumente auf einmal gebracht. So hat sich mein Gegner das Schwächste herausgesucht, widerlegt und das Stärkste anschließend unter den Tisch fallen lassen.“

Jennifer Frank (17) hatte sich zur Vorbereitung auf die Debatten sogar Wahlkampfveranstaltungen von Obama und Romney angesehen. „Die beharrten stets auf ihren jeweiligen Argumenten und ließen sich davon nicht abbringen.“

Diskussion auf Kuschelbasis

Bei Jugend debattiert hätte eine solche Einstellung starken Punktabzug gegeben, erklärt die 17-Jährige: „Dort findet eher ein Austausch von Argumenten, als eine Streitdebatte wie in der Politik statt.“ Und Zuckschwert pflichtet ihr bei: „Ja, es ist schon etwas verweichlicht. Später wird man nie auf dieser Kuschelbasis diskutieren.“

Dennoch haben alle, da sind sich die Schüler einig, von dem Diskussionstraining profitiert: „Man lernt zu hinterfragen, setzt sich mit Themen auseinander, mit denen man vorher nichts zu tun hatte und lernt genau hinzuhören, die Argumente des anderen aufzudröseln“, erzählt Christina Jandke (17).

Ob die Jugendlichen ihr Diskussionsgeschick auch schon zuhause ausprobiert haben? Klar, gestehen sie. Doch Christoph Wild (17) erklärt: „Bei den Eltern funktioniert das nur bedingt. Früher oder später heißt es nur: Etz red net so gscheit daher, sondern mach‘s einfach.“

In Familie schwer anzuwenden

Nana Kleesattel (15) glaubt auch, dass sich das Diskussionsgeschick schwer auf die Familie übertragen lässt: „Da schwingen oft Emotionen mit, wodurch logisches Argumentieren schwer wird und Debatten leicht in eine Richtung abgleiten, die keiner will.“

Einmal könnten die Q11er des Gluck-Gymnasiums noch teilnehmen. „Doch der Bundeswettbewerb, wenn wir überhaupt so weit kommen sollten, wäre dann kurz nach Ostern – mitten in unseren Abiprüfungen.“ Von daher bleibt abzuwarten, ob die Schüler einen zweiten Versuch wagen. Spaß gemacht, so sind sich die Parsberger und die Neumarkter einig hat es allemal und diesmal habe man sogar wirklich fürs Leben gelernt.

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