Junge Flüchtlinge bringen Cricket nach Neumarkt

19.9.2017, 12:34 Uhr
Junge Flüchtlinge bringen Cricket nach Neumarkt

© Stefan Hippel

Cricket ist nicht zu verwechseln mit dem Gartengolfspiel Crocket, bei dem man Holzkugeln durch Metalltörchen schlägt. Geschlagen wird beim Cricket hingegen mit einem großen Paddel.

Ansonsten ähnelt der Ballsport, der in einigen Ländern des Commonwealth Nationalsport ist, dem amerikanischen Baseball. Charakteristisch ist neben dem breiten Schläger noch das "Wicket": Der Werfer versucht, die Konstruktion aus drei Stäben zu treffen; der Schlagmann versucht, das zu verhindern. Das gesamte Regelwerk würde hier den Rahmen sprengen. Man lernt es am besten "by doing".

Oder "by viewing": Zweimal in der Woche kann man auf dem Rasenplatz am Neumarkter Turnerheim jungen Männern aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch beim Cricket zusehen. Betreut werden sie von Hubert Häberl, dem Integrationsbeauftragten des ASV Neumarkt. "Das Jugendbüro vom G6 ist auf uns zugekommen. Sie hätten da ein paar Jungs, die Cricket spielen möchten." Am vergangenen Wochenende nahm die Mannschaft als ASV Neumarkt erstmals an Wettkampfbedingungen teil.

Beim 1. Bayerischen Integrativen Cricketturnier in Nürnberg. Elf Mannschaften aus ganz Bayern mit Spielern aus Afghanistan, Pakistan, Indien und Deutschland traten gegeneinander hier an. Organisiert wurde vom Programm "Integration durch Sport" im Bayerischen Landes-Sportverband.

Für die Neumarkter reichte es zwar nur zum vorletzten Platz. "Das ist aber kein Wunder, wir trainieren ja erst seit zwei Monaten", sagt Häberl. "Die anderen Mannschaften spielen teilweise schon seit zwei Jahren zusammen. Außerdem ist unser Team noch recht jung, die Spieler sind erst zwischen 16 und 19 Jahre alt."

Junge Flüchtlinge bringen Cricket nach Neumarkt

© IDS/Verweyen

Turniersieger wurde der Pak-Orient Cricket Club München, wo man schon seit den 80er Jahren den kleinen Lederball mit Korkkern wirft. Seitdem immer mehr Menschen aus Ländern wie Afghanistan oder Pakistan zu uns kommen, erfährt die bisher hierzulande bedeutungslose Randsportart einen Aufschwung. "16 Mannschaften haben wir jetzt schon in Bayern. Und der Bayerische Cricket Verband bekommt laufend neue Anfragen."

Häberl ist eigentlich in der ASV-Boxabteilung zu Hause, die seit jeher Integration vorlebt. Nun hat er durch die Beschäftigung mit seinen neuen Schützlingen selbst Lust auf Cricket bekommen. In Nürnberg hat er zum ersten Mal ernsthaft mitgespielt: "Irgendwann trifft man dann auch den Ball." Ein offizielles Cricketturnier kann bis zu fünf Tage dauern. Deshalb beschränkte man sich auf dem Gelände des ATV Frankonia auf ein sogenanntes "Sechs-Ball-Spiel", um in zwei Tagen durchzukommen. Auch standen nur sieben Spieler auf dem Feld, normalerweise sind es elf.

Monika Loveday vom Deutschen Cricket Bund, war aber auch aus einem anderen Grund begeistert: "An diesen zwei Tagen zeigte sich die starke integrative Kraft des Cricketsports. Spieler aus den unterschiedlichsten Ländern stehen sich auf dem Feld gegenüber, tauschen sich am Spielfeldrand aus, fachsimpeln über Regeln und den Sport."

Das kann Hubert Häberl nur bestätigen. "Wir haben viele neue Kontakte geschlossen und auch schon Freundschaftsspiele ausgemacht." Er sieht gute Chancen, dass Cricket Neumarkt erhalten bleibt: Zwei Drittel der jungen Flüchtlinge seien anerkannt, einige hätten schon einen Ausbildungsplatz. Die Ausrüstung hat der ASV beschafft, 50 Prozent schoss der Verband zu. Und der Clou wäre: "Wenn wir 2018 hier in Neumarkt den 2. Integrationscup austragen könnten."

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