Junge Frau tischt Jugendrichter offenbar Lügen auf

22.6.2017, 12:19 Uhr
Junge Frau tischt Jugendrichter offenbar Lügen auf

© Rurik Schnackig

So aber fing sich die 19-Jährige eine Verurteilung zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit ein. Jugendrichter Danny Schaller folgte nicht ganz der Forderung von Staatsanwältin Lisa Schürer. Die hatte zur Arbeitsauflage auch noch einen Wochenendarrest gefordert.

Die Strategie der jungen Frau, die Autofahrt ihres damaligen Freundes und heutigen Verlobten durch eine Falschaussage zu verschleiern, ging voll in die Hose. Auch der junge Mann selbst, dem eben wegen dieser Sache in den nächsten Tagen ein Verfahren in Nürnberg droht, ließ sich aus falsch verstandener gegenseitiger Loyalität in eine Falschaussage hineintreiben. Er hatte Glück, dass nicht schon im Sitzungssaal die Handschellen klickten.

Am 4. März dieses Jahres morgens um 2 Uhr waren zwei Polizisten in Nürnberg mit einer Unfallaufnahme beschäftigt, als sich das Auto mit den beiden jungen Leuten näherte. Die waren auf dem Weg in eine Diskothek, wo sie in den Geburtstag der Frau aus dem Landkreis Neumarkt hineinfeiern wollten.

Das wurde ihnen gründlich vermiest. Der Polizeibeamte, der als Zeuge aussagte, erinnerte sich noch gut, dass der Wagen stoppte, die Frau mit wehendem blonden Haar auf der Beifahrerseite aus- und dann auf der Fahrerseite wieder einstieg. Danach habe sie den Wagen in eine Parkbucht gesteuert.

Der erfahrene Polizist, der um die Disko um die Ecke wusste, witterte Unrat. Also stellte er das Pärchen zur Rede. Der nunmehrige Beifahrer habe schon auf die Bitte, die Papiere zu zeigen, auffällig reagiert. Er sei doch gar nicht gefahren, habe er ungefragt beteuert.

In Streit geraten?

Die Angeklagte, die zunächst gar nichts sagen wollte, wurde dann aber doch gesprächig. Der Polizist habe diese Beobachtungen in der Nacht und auf diese Entfernung gar nicht machen können, behauptete sie. Vielmehr habe sie den Wagen angehalten, weil es zum Streit mit ihrem Freund gekommen war. Sie sei ganz normal ausgestiegen und habe sich hinter dem Fahrzeug weiter mit ihrem jetzigen Verlobten, der ebenfalls den Pkw verlassen hatte, gezofft und dann seien beide wieder eingestiegen. Gefahren sei die ganze Strecke nur sie. Das beteuerte auch der Freund als Zeuge.

Richter Danny Schaller wies ihn deutlich darauf hin, dass er nichts sagen müsse, was ihn selbst belaste und dass er als Verlobter der Angeklagten ein Aussage-Verweigerungsrecht habe. Doch wenn er aussage, müsse das die Wahrheit sein. Andernfalls drohe eine Freiheitsstrafe von drei Monaten aufwärts.

Schulklassen hörten zu

Diese Brücke betrat der junge Mann nicht. Vielmehr bestätigte er grundsätzlich die Version seiner Zukünftigen.

Richter Danny Schaller ließ die zahlreichen Zuhörer im Gerichtssaal (zwei Schulklassen hatten den Unterricht dorthin verlegt) rätseln, was er damit bezweckte, als er die Angeklagte und den Zeugen über Details der Verlobung befragte. Sie erinnerte sich noch an Tag und Stunde und die vielen kleinen Aufmerksamkeiten wie Kniefall, Blumen und Luftballons.

Der junge Man tat sich damit, vermutlich geschlechtsspezifisch, schwerer. Er wusste noch, dass sich die romantische Szene vor dem nicht so arg romantischen Ambiente eines Hamburger-Braters abgespielt hatte, für das Datum musste er die Inschrift in seinem Verlobungsring zu Hilfe nehmen. Staatsanwältin Lisa Schürer hatte keinen Zweifel daran, dass die Wahrnehmung des Polizisten der Wahrheit entsprach. Der hätte nicht den geringsten Grund, den beiden jungen Leuten irgendetwas anzuhängen.
Auch Richter Schaller vertraute auf den guten Riecher eines erfahrenen Polizeibeamten. Das Manöver des Fahrerwechsels habe diesen misstrauisch gemacht.

Die Angeklagte dagegen habe einen guten Grund gehabt, ihren Freund zu schützen, weil der nämlich schon mal ohne Führerschein am Steuer eines Wagens erwischt worden war. Hier habe auch die Motivation des jungen Mannes gelegen, dem Gericht die gleichlautende Geschichte aufzutischen. Er sei mit seltener Dreistigkeit angelogen worden, ärgerte sich Danny Schaller, zeigte auf der anderen Seite aber auch Verständnis dafür, dass die beiden sich gegenseitig reinwaschen wollten.

„Jede Menge Zeit“

Da die Angeklagte noch bei den Eltern wohnt und offenbar Probleme hat, selbst im Landkreis Neumarkt einen Ausbildungsplatz zu finden, wurde Jugendstrafrecht angewandt.

„Sie haben ja, so wie ich das sehe, jede Menge Zeit“, konnte sich Schaller leisen Sarkasmus nicht verkneifen und verurteilte die 19-Jährige zu 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit, 20 mehr, als Staatsanwältin Lisa Schürer gefordert hatte.