Kältewelle wird den Borkenkäfer nur kurz aufhalten

25.4.2017, 05:59 Uhr
Kältewelle wird den Borkenkäfer nur kurz aufhalten

© Nicolas Damm

Des einen Leid, des andern Freud: Wenn uns heute Abend die nächste regenreiche Kältefront erreicht, dann atmen Harald Gebhardt und Jürgen Wohlfarth erleichtert auf. Denn dann verschiebt der Borkenkäfer, der erst ab acht Grad Celsius so richtig "auftaut", seinen ersten großen Schwarmflug des Jahres. Der ist aber nur aufgeschoben, wissen der Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und sein Revierleiter.

Sie rechnen damit, das spätestens in zwei Wochen die Post abgeht. "Die ersten Borkenkäfer sind heuer aber schon geflogen. Als es Anfang April schon warm war", sagt Behördenchef Gebhardt. Währenddessen leert Fördert Wohlfarth den Auffangbehälter einer der beiden Fallen am Fuße des Heinrichsbürg aus. Rund 30 Buchdrucker purzeln in seine Handfläche. Auch wenn sie regungslos da liegen: "Tot sind die nicht. Wenn es etwas wärmer wird, werden sie wieder munter."

Kältewelle wird den Borkenkäfer nur kurz aufhalten

© Nicolas Damm

Den speziellen Lockstoffen (Pheromone) in der "Schlitzfalle" können die männlichen Buchdrucker nur schwer widerstehen. Ein paar Meter weiter steht eine weitere für die kleineren Kupferstecher. Beide Fallen bilden die Monitoringstelle bei Pölling. Regelmäßig prüft hier die Forstverwaltung Neumarkt, wie viele der Schädlinge schon unterwegs sind. "Südlage", konstatiert Harald Gebhardt. "Das mag der Käfer besonders gern."

Vor allem der gefräßige Buchdrucker bereitet den bayerischen Forstbehörden in diesem Jahre große Sorge. Der rund einen halben Zentimeter große Käfer hat schon 2015 drei Generationen gezeugt – und im vergangenen Jahr mit seinem trockenen Herbst gleich wieder. Da ist also einiges im Busch beziehungsweise unter der Borke: in den Puppenwiegen am Ende der typischen Larvengänge, die zum Sinnbild für die Borkenkäfer-Plage geworden sind.

Schlecht für den Wald: Der Käfernachwuchs wurde im niederschlagsarmen Winter 2016/17 nur wenig dezimiert. Auch das bisschen Regen und Schnee zuletzt brachte kaum Besserung: 100 Liter Wasser pro Quadratmeter, zehn Gießkannen voll, fehlten dem Boden im Landkreis derzeit, schätzt Gebhardt. "Das sind eine Million Liter pro Hektar, die einfach nicht da sind." Und die Frostnächste der letzten Tage steckten Buchdrucker und Kupferstecher locker weg.

Anfang März richtete Jürgen Wohlfahrt in dieser Zeitung einen Appell an die rund 2000 privaten Waldbesitzer, besonders einzelne, gekippte Fichtenstämme vor Beginn der neuen Brutzeit aus dem Wald zu schaffen. "Der Käfer geht auf das tote oder geschwächte Holz", sagt der Forstrevierleiter. Nach der Eiablage wird gleich die nächste Brut angelegt. "Und dann den stehenden Bestand."

Die Vermehrungsquote ist gewaltig: Ein Weibchen kann bei optimalen Bedingungen für Borkenkäfer in einem Jahr 100 000 Nachkommen zeugen. Dadurch kann sich die Anzahl der befallenen Bäume in einer Generation verzwanzigfachen. Will man eine Massenvermehrung verhindern, müssen die befallenen Bäume konsequent beseitigt werden. "Eine andere Möglichkeit gibt es nicht", sagt Gebhardt.

Seine Bitte an die Waldbesitzer: "Den nächsten Sonntagsspaziergang in den Wald verlegen." Ein sicherer Hinweis auf einen Befall ist frisches, braunes Bohrmehl am Stammfuß oder in den Rindenschuppen. Er zeigt sich auch an Verfärbungen der Nadeln und der Kronen. "Die Waldbesitzer sollten sich am besten auch untereinander informieren, beim Begang auch mal nach dem Fichtenbestand des Nachbarn sehen." Auch beim Fällen und beim Abtransport könnten sie sich gegenseitig unterstützen.

Alle zwei, drei Wochen wäre so ein Kontrollgang in nächster Zeit wünschenswert, sagt der Leiter des AELF Neumarkt. Der nächste schon in den kommenden Tagen. Denn die Zeit drängt: "Das kann schnell aus dem Ruder laufen." Eine Borkenkäfer-Plage und der darauf folgende vermehrte Holzeinschlag würde sich verheerend auf die Holzpreise auswirken, ergänzt Förster Jürgen Wohlfarth. Auch entstünden große Freiflächen in den Wäldern.

Doch den Teufel wollen die Forstverwalter zu diesem frühen Zeitpunkt im Jahre noch nicht an die Wand malen. "Aber währet den Anfängen", wählt Harald Gebhardt ein geflügeltes Wort, um dem geflügelten Gegner frühzeitig Einhalt zu gebieten.

Informationen und Beratung zum Borkenkäfer beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Neumarkt, * (09181)45080, im Internet: www.aelf-ne.bayern.de. Ergebnisse des Monitoring unter: www.lwf.bayern.de

Keine Kommentare