Keller laufen voll, Löschteiche trocknen aus

27.4.2018, 06:00 Uhr
Starkregen kann, wie hier 2011 in Nürnberg, ganze Straßenzüge überfluten. Auf die Zunahme von extremen Wettereignissen wiesen Experten bei einer Tagung des bayerischen Werkfeuerwehrverbands in Neumarkt hin. Foto: Harald Sippel

Starkregen kann, wie hier 2011 in Nürnberg, ganze Straßenzüge überfluten. Auf die Zunahme von extremen Wettereignissen wiesen Experten bei einer Tagung des bayerischen Werkfeuerwehrverbands in Neumarkt hin. Foto: Harald Sippel

Langfristig zeigten alle Kurven nach oben, die Reik Schaab vom Deutschen Wetterdienst in München im Gepäck hatte. Bis zum Jahr 2050 verläuft der Anstieg flach, ab dann geht es steil nach oben. "Wir erwarten für Bayern Temperaturen, wie wir sie heute in Rom haben", sagte Schaab. Die Folge sind sogenannte Extremwetter, etwa beim Niederschlag. In der Summe ändert er sich vielleicht gar nicht, nur prasselt dieselbe Wassermenge als Starkregen in einem kurzen Zeitraum herunter, sorgt so für Überschwemmungen.

"Extremwetterereignisse haben Einfluss auf die Produktion und die Sicherheit der Mitarbeiter", sagt Martin Wilske, der Vorsitzende des Werksfeuerwehrverbands in Bayern. Die Firmen müssen sich vorbereiten.

Kliniken haben Vorrang

Denn die öffentlichen Feuerwehren haben andere Prioritäten, als den vollgelaufenen Keller eines Unternehmens leer zu pumpen. "Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen gehen vor, das ist auch richtig", sagt Wilske. Doch auch zu wenig Wasser kann ein Problem werden: Wenn eine Firma ihr Kühlwasser aus einem Fluss bezieht oder ein Löschwasser-teich künftig in den Sommermonaten austrocknet.

Dem Werksfeuerwehrverband in Bayern gehören rund 100 Werksfeuerwehren, wo rund um die Uhr mindestens ein neunköpfiger Löschtrupp vorgehalten wird, und etwa 150 Betriebsfeuerwehren an, die aus ausgebildeten Mitarbeitern bestehen. "Wir sind Experten für betrieblichen Brandschutz und betreuen jedes Unternehmen", sagt Wilske. Er selbst ist kein aktiver Feuerwehrler mehr, sondern bei Wacker Chemie im vorbeugenden Brandschutz tätig.

Ein Mann der Brandschutz-Praxis, so wie die anderen knapp 200 blau gekleideten Teilnehmer. Sie wünschen sich einen anforderungsgerechten sicheren Brandschutz.

"Wir brauchen keine 150prozentigen Lösungen", sagt Wilske. So hätten Planer und Fachfirmen ein Interesse daran, aufwändige Lösungen zu verkaufen. die nicht dem tatsächlichen Risiko entsprechen. "Um jedes erdenkliche Risiko auszuschließen werden häufig Gürtel und Hosenträger gleichzeitig verwendet", sagt Wilske.

Doch selbst wenn eine Löschanlage umfassend geprüft und zertifiziert ist, heißt dies nicht, dass sie im Ernstfall auch funktioniert. Aktuelles Beispiel: Eine CO2-Löschanlage, die das Feuer in einem Unternehmen schnell ersticken sollte war völlig marode - trotz umfassender Überwachung durch Fachfirmen und unabhängige Gutachter. "Wenn dort das giftige Gas austritt sind Mitarbeiter in Gefahr", sagt Wilske. Neben der offensichtlichen Haftungsfrage gibt es einen weiteren Punkt: "Wer prüft die Prüfer?"

Denn geschehen konnte dieser extreme Fall auch wegen eines Kuddelmuddels an Zuständigkeiten und sich teilweise widersprechenden Anforderungen, arbeitete Gerhard Fröhling heraus, der Leiter Technisches Risikomanagement bei Siemens. "Kleine und mittlere Firmen sind überfordert und werden allein gelassen."

Und noch ein Thema beschäftigt die betrieblichen Brandschutzexperten: Eine bessere Einbindung der Betriebsfeuerwehren. Zu den Werkswehren bestehen klare gesetzliche Regelungen. Bei den "kleinen Geschwistern" ist unklar, was können sie, müssen sie - und was dürfen sie. "Bei einem automatischen Alarm muss die öffentliche Feuerwehr trotzdem ausrücken, auch wenn die Betriebsfeuerwehr festgestellt hat, es war ein Fehlalarm", nennt Wilske ein Beispiel.

Er wünscht sich eine bessere Verzahnung. Bisher dürfen die Betriebswehren weder mit Blaulicht fahren noch sind sie in den Digitalfunk eingebunden. Dabei könnten die Betriebsfeuerwehren die Freiwilligen Feuerwehren deutlich entlasten, schließlich sind sie tagsüber anwesend, wenn die örtlichen Floriansjünger selbst auf der Arbeit sind.

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