Ludwigskanal: mehr Querschnitt nach Süden

16.12.2018, 11:12 Uhr
Ludwigskanal: mehr Querschnitt nach Süden

© Foto: Günter Distler

Doch ein Zurück zu nostalgischer Wasserstraßen-Romantik wird es dort dennoch nicht geben. Bestes Beispiel: die Kreuzung der südlichen Auffahrtsspange mit dem Alten Kanal, da wo früher die alte B 299 die Wasserstraße geschnitten hat. In den vergangenen Tagen ist mancher passierende Autofahrer regelrecht erschrocken: Riesige Rohrelemente mit einem Durchmesser von 2,6 Metern haben Bagger auf der Baustelle just in die Trasse des Ludwig-Donau-Main-Kanals versenkt? Schrecksekunde: Soll das Denkmal aus dem 19. Jahrhundert jetzt auf einer größeren Passage komplett verrohrt werden?

Inzwischen ist der stattliche Durchlass mit Erdreich verfüllt. Nördlich und südlich liegt wie gewohnt der gut erhaltene Kanal in seinem historischen Bett. Lediglich die hässlichen Betonköpfe an der Nord- und Südseite verunstalten das Bild. Gemessen an der alten Straßenüberführung ist die neue Trasse durchaus vertretbar.

"Wir haben das Bestmögliche daraus gemacht", sagte Josef Gilch vom Straßenbauamt Regensburg im NN-Gespräch. An der Stelle quert nicht nur die Straßenzufahrt zur Umgehung den Kanal, sondern auch ein Rad- und Versorgungsweg. Technisch sieht Gilch keine Alternative zu dem im Querschnitt erheblich vergrößerten Durchlass — insbesondere nicht ein viel ansehnlicheres Brückenbauwerk.

Das größte Hindernis für eine Kanalbrücke sieht Simon Hofmeister vom Wasserwirtschaftsamt Regensburg in den Kosten: Bei einem um den Faktor fünf bis zehn höheren Bauaufwand würde ein solches Vorhaben "sündhaft teuer". Während also der Kanal mit den Rohren wiederum "verfüllt" worden ist, soll bei der Querung der alten Bundesstraße mit der Sulz die bisherige Brücke durch einen Neubau ersetzt werden. Diverse Anladungen an den Bögen des alten Bauwerks machen diese Stelle zum Hochwasserrisiko. Dass dort anders als am Ludwigskanal eine Brücke gebaut wird, ist nach Angaben von Simon Hofmeister eine Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, der Regierung der Oberpfalz. Der Gewässerexperte sieht aber auch topografische Probleme: Der Alte Kanal liege um einiges höher als die Sulz, was eine Brückenlösung erheblich erschwere.

Die historische Wasserstraße ist ja nicht etwa unnützer Zierrat aus vergangenen Jahrhunderten, sondern sie hat auch eine ganz wichtige Funktion bei der Entwässerung unter anderem der Stadt Neumarkt. Diese liegt ja quasi auf der "Wasserscheide" des ruhenden Gewässers: Zuflüsse südlich des Neumarkter Bahndamms, zum Beispiel bei Starkregen, tendieren Richtung Süden und müssen verlässlich abgeleitet werden.

"Kein hydraulischer Engpass"

Die Mühlhausener Umgehung hat nach Einschätzung der Regensburger Wasserwirtschaftler die Abflussbedingungen am Alten Kanal in der Summe verbessert. "Der Kanal ist nicht beeinträchtigt, es entsteht kein hydraulischer Engpass", sagte Simon Hofmeister. Und das gilt nicht nur für die Straßen-Kanal-Kreuzung im Süden: Nach Angaben des Wasserwirtschaftsamtes sollen bereits im Frühjahr zwei weitere Straßenübergänge Richtung Wappersdorf und am Mühlhausener Sportplatz geöffnet werden.

Jede der alten Kanalüberquerungen stellt ein durchaus gefährliches Hindernis bei Hochwasser dar. In früheren Jahren waren Tiefbauer der Meinung, dass Rohre mit 60 Zentimetern Durchmesser für das "stille" Gewässer absolut ausreichend sind. Doch die Ämter für Straßenbau und Wasserwirtschaft wollen gleich nach dem Jahreswechsel diese Nadelöhre aufweiten: Die modernen Durchlässe sollen eine lichte Höhe von 1,8 Meter und eine Breite von 2,4 Meter bekommen. Hofmeister: "Dann haben wir kein Problem mehr mit den Wassermengen."

Doch auch an den beiden Passagen wird es keine echten Brückenbauwerke als Reminiszenz an die alte Kanalherrlichkeit geben — nach Expertenangaben spielen neben den Kosten auch bauliche Gründe eine Rolle. Die Straßentrassen fast auf Niveau des Kanals lassen das nicht zu. Josef Gilch begründet es bildhaft so: "Wir können ja keinen künstlichen Buckel in die Bahnhofstraße bauen."

Optische Anleihen bei historischen Kanalbrücken etwa mit Hilfe von Holzgeländern hält Simon Hofmeister wegen der geforderten "Absturzsicherung" für schwierig. Er verlässt sich da auch auf die Überwachung durch die staatlichen Denkmalschützer. Die haben allerdings bei der Kanalfreilegung am Bögl-Haupttor in Sengenthal nicht verhindert, dass die Straßenbauer dort potthässliche, blau lackierte Gittergeländer montiert haben.

Der Bau an der Umgehungsstraße in Mühlhausen hat zufällig ein "archäologisches" Fundstück ans Tageslicht befördert: das zugeschüttete Widerlager einer längst nicht mehr existierenden Kanalbrücke. Das Wasserwirtschaftsamt wird die historischen Baureste dokumentieren und in besonderer Weise sichern. "Wahrscheinlich werden wir das Widerlager zudecken — und im Hinterkopf behalten", sagte Simon Hofmeister. Die Steine aus dem 19. Jahrhundert sollen so als eine Art Materiallager vor der Witterung geschützt werden. Und wenn anderenorts an einem der unzähligen Kanalbauwerke aus König Ludwigs Zeiten etwas repariert werden muss, dann können sich die Bauarbeiter bedienen.

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