Mann sticht auf schlafenden Mitbewohner ein

27.2.2018, 10:34 Uhr

Verschluckt ein Krokodil einen besonders dicken Brocken, dann presst es ihm die Tränen aus den Augen – auch der 25-jährige Angeklagte drückt vor der 2. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth auf die Tränendrüse, so gut er kann.

Im August soll er einen Landsmann brutal attackiert haben – eine Tat im Drogenrausch, sagt der Angeklagte, behauptet Erinnerungslücken und Reue. Der Angriff sei ihm unerklärlich, vielmehr lebe er seit zwei Jahren mit dem Geschädigten, angeblich einem guten Freund, in der Unterkunft in der Gemeinde Seubersdorf. Dort will er sich um den Mann gekümmert haben, kochte angeblich sogar regelmäßig für ihn, allein aus Freundschaft.

Doch seit sieben Monaten sitzt er in Untersuchungshaft und wenn zutrifft, was ihm die Anklage vorwirft, versetzte er im August seinen Mitbewohner in Angst und Schrecken – und versuchte später, ihn mit Drohungen vom Gang zur Polizei abzuhalten.

Rückblick: Am frühen Morgen des 2. August, es soll zwischen 4.15 und 5. 15 Uhr gewesen sein, betrat der Angeklagte das Zimmer seines Bekannten. Er hatte ein Klappmesser dabei, neun Zentimeter misst die Klinge, wie ein halbes Jahr später vor der 2. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth festgestellt wird. Er verletzte ihn auf der linken Brustseite und weil sich der Geschädigte gegen den Angriff wehrte, erlitt er zudem Schnittverletzungen an der rechten Handinnenseite. Als das Messer zu Boden fiel, soll sich der Angreifer auf den Oberkörper seines Opfer gesetzt haben, würgte den Mann und forderte Geld. Der Geschädigte – aufgrund eines Umzugs in ein anderes Asylbewerberheim erreichte ihn die Einladung in den Zeugenstand nicht, und er wird erst am Freitag aussagen – gab später bei der Polizei zu Protokoll, um sein Leben gebettelt zu haben. 300 Euro Bargeld will er dem Angreifer geboten haben, dazu weitere 500 Euro von seinem Bankkonto.

Eine versuchte schwere räuberische Erpressung, die der Angeklagte von sich weist – er habe im Drogenrausch gehandelt, und ganz gewiss den anderen Mann weder verletzen noch bestehlen wollen. Das Leben als Asylbewerber sei eben schwer, klagt er vor Gericht, sein Vater sei verstorben, die Mutter lebe in Norwegen, die Ehefrau in Schweden. Er selbst habe die Schule, in der er Deutsch lernen soll, abgebrochen, angeblich um dem schlechten Einfluss der anderen Asylbewerber zu entgehen; jeder in der Schule würde Drogen konsumieren.

Doch wer nicht kooperiert, bekommt die Sanktionen des Jobcenters zu spüren – so erhielt der Angeklagte kein Bargeld mehr, sondern Gutscheine im Wert von 205 Euro, um Lebensmittel, Fahrkarten und so weiter zu kaufen. Gutscheine, die der Angeklagte nach eigenem Bekunden jedoch verscherbelt hat – um sich vom Erlös Drogen zu kaufen.

Am 7. Juli 2017 versuchte er am Bahnhof in Parsberg einen Fahrkartenautomaten zu knacken – um Geld zu entwenden, meint die Staatsanwaltschaft. "Nur um Aufmerksamkeit zu erregen", behauptet der Angeklagte, die Situation als Flüchtling sei für ihn so schwer. Der Prozess geht weiter.