Mehr Sicherheit durch Tempo 30 in ganz Neumarkt?

21.4.2017, 13:07 Uhr
Mehr Sicherheit durch  Tempo 30 in ganz Neumarkt?

© Foto: André De Geare

Mehr Sicherheit durch  Tempo 30 in ganz Neumarkt?

© Rödel

Spätestens ab dem Jahr 2020 sollen Autofahrer nach dem Willen des Umweltbundesamtes in allen deutschen Städten bis auf wenige Ausnahmen nur noch mit Tempo 30 fahren dürfen. Dies würde für "bessere Luft, flüssigeren Verkehr und weniger Unfälle" sorgen, sagte Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, kürzlich in einem Interview.

Daran will allerdings nicht jeder Verkehrsexperte oder Kommunalpolitiker im Landkreis Neumarkt glauben. So spricht sich Hermann Pfeifer, 1. Vorsitzender der Kreisverkehrswacht, eindeutig gegen die Empfehlung des Umweltbundesamtes aus: "Pauschal Tempo 30 wäre kontraproduktiv. Die eigentlichen Gefahrenstellen wären dann nicht mehr gekennzeichnet." Vor Schulen, Krankenhäusern oder Altenheimen seien 30 km/h schon zu schnell, findet Pfeifer und fordert: "Es braucht im Straßenverkehr mehr Achtung vor den Schwächeren, mehr Panoramablick, Aufmerksamkeit und Rücksicht." Zudem seien die meisten Fahrzeuge heute auf Geschwindigkeit ausgelegt. "Wenn Elektrofahrzeuge die Städte erobern, dann brächte Tempo 30 schon eine Ersparnis und umwelttechnischen Vorteil", glaubt Pfeifer.

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© Fritz Etzold

Jörg Degenkolb, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Neumarkt, ist ebenfalls zwiegespalten. Überall Tempo 30 klinge im ersten Moment schon verlockend, aber auch er glaubt, dass die "Signalwirkung" an Gefahrenstellen wegfiele. "Das stumpft ab, dann müsste man bei Kindergärten und Schulen auf zehn Stundenkilometer gehen." Außerdem wäre es aus seiner Sicht unmöglich, das Tempolimit flächendeckend zu überwachen. "Wir kontrollieren an Unfallschwerpunkten und bei Beschwerden, ansonsten stichprobenartig, mehr ist nicht zu leisten."

Der Neumarkter Verkehrsreferent Jakob Bierschneider teilt diese Meinung: "Ein Schild allein bringt nichts, das muss auch überwacht werden." In Neumarkt gelte ohnehin schon auf den meisten Straßen Tempo 30, sagt Bierschneider und verweist etwa auf den Föhrenweg. Auf den gut ausgebauten Hauptverkehrs- und Ausfallstraßen würde er es lieber bei Tempo 50 belassen. "Sonst bringen wir den Verkehr doch nicht mehr raus aus der Stadt."

Freilich klagen die Anwohner auch nach Einführung der 30er-Zone im Föhren-, Ziegelhütten- und Flutgrabenweg immer wieder über Raser. Degenkolb spricht dabei von "Spitzen". Die Polizei kontrolliere den Bereich immer wieder, 85 Prozent der Autofahrer würden sich an das Tempolimit halten. "Dass da viel Verkehr ist, ist klar", so Degenkolb, der eine Verengung der Straße ablehnt: "Dann hat man irgendwann den vollen Verkehrsknoten drin."

Josef Guttenberger, Vorsitzender des Bund Naturschutz in Neumarkt, kann sich dagegen durchaus für den Vorschlag des Umweltbundesamtes erwärmen. Die Zuckelei in 30er-Zonen sei "schon nervig", räumt er ein, "aber wenn es eingeführt ist, ist es halt so". Bestes Beispiel ist für ihn die Ortsdurchfahrt von Lengenfeld, wo Tempo 30 gilt. Das habe anfangs auch hohe Wellen geschlagen, inzwischen hätten sich die Leute daran gewöhnt.

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© Fotostudio Weidinger, Neumarkt i.d.OPf.

Für Guttenberger steht fest: 30er-Zonen tragen zur Verkehrsberuhigung und -sicherheit bei. Und: "Man kann auf den Hauptstraßen in den Städten ohnehin meist nicht schneller als 30 fahren, das würde also in der Praxis wenig ändern."

Wenn die Kommunen mehr rechtliche Möglichkeiten bekämen, Tempo 30 in dicht besiedelten Gebieten auch auf gut ausgebauten Straßen auszuweisen, das fände Guido Belzl, Bürgermeister von Pyrbaum, schon interessant. Immerhin ist es der Gemeinde gelungen, für die Ortsdurchfahrt — eine Kreisstraße — eine Ausnahmegenehmigung für Tempo 30 vom Landratsamt zu bekommen. Als Argumente gelten das hohe Verkehrsaufkommen, viele Fußgänger, die unübersichtliche Kurve bei der Feuerwehr. Ob die Regelung vor Gericht Bestand hätte, da ist sich der Pyrbaumer Ortsbaumeister Gunther Pfahler allerdings nicht sicher.

Tempo 30 ist auch in Postbauer-Heng seit vielen Jahren immer wieder in der Diskussion. Derzeit sind laut Bürgermeister Horst Kratzer nur die zentralen Bereiche um die Straßen Centrum, Schwall und Nürnberger Straße sowie an den beiden Schulen auf 30 km/h reduziert. "Ich persönlich kann mich dem Wunsch vieler Bürger schon anschließen, die komplette Nürnberger Straße und die Straße am Schwall auf 30 zu reduzieren", sagt Kratzer. Dies würde sicherlich mehr Ruhe reinbringen in den Verkehr, der bei rund 4000 Fahrzeugen am Tag liegt.

Horst Kratzer

Horst Kratzer © Kratzer

Weil Messungen zeigen, dass Tempo 30 meist nicht eingehalten wird, überlegt der Markt Postbauer-Heng, dem Zweckverband Kommunale Verkehrsüberwachung beizutreten. Das Thema werde dem Marktrat in einer der nächsten Sitzungen zur Abstimmung vorgelegt, kündigt Kratzer an: "Dafür sehe ich gute Chancen." Die Autos und die Fahrzeughalter werden schließlich nicht weniger. "Wir haben mit insgesamt 6951 Fahrzeugen gemessen an 7800 Einwohnern einen sehr hohen Fahrzeugbestand und sind zudem flächenmäßig mit 25 Quadratkilometern die kleinste Gemeinde im Landkreis", gibt Kratzer zu bedenken. Das ganze Thema sei also "eine echte Herausforderung."

 

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