Meine Heimat — Meine Feinde

21.4.2014, 06:00 Uhr
Meine Heimat — Meine Feinde

© NN

Sieben Kapitel sind das, sieben Lebensabschnitte und ein Epilog: geschrieben von einem Künstler an der Schwelle des Todes, schon länger geplant und noch in letzter Minute fertig gestellt. 14 Tage später ist Fuchs am 5. Februar 2014 gestorben, nur ein Vierteljahr, nachdem eine tödliche Krankheit diagnostiziert worden war.

Wer seine Lebensumstände kannte, weiß, dass er im ersten Text seine Waldeinsamkeit bei Mühlhausen beschreibt: als ungefährdete Idylle – noch. Mit satter Waldluft, dem Frieden des Berges, mit einem im Garten weidenden Reh und einem goldenen Lichtregen über „seinem Wald“. Das alles summiert Fuchs in dem einen Satz: „Kollektives Lächeln erfüllte den lokalen Kosmos.“

Das erhebt sicher keinen literarischen Anspruch, würde ihn auch nicht erfüllen, bedient sich gängiger Metaphern, ist aber ehrlich und direkt hingeschrieben von einem, der sich sein Leben im Einklang mit der Natur eingerichtet hatte. Auch im Einklang mit einem „ER“, mit einem „göttlichen Gefüge“ – bis das alles verschwindet. Die Käfer mühen sich nur noch schwer voran, kein Reh, kein Habicht mehr zu sehen: „Inmitten der letzten Nacht hatte sich der gerade Lauf der Geschichte verändert.“

Da weitet Fuchs seine persönliche Erfahrungswelt zu der ganzen Menschheit und muss machtlos zusehen, wie „riesige Traktoren“ in einer „gespenstischen Szenerie“ die Luft mit ihrem „Gekreische“ aggressiv durchbohren.

Kein Friede mehr für Fuchs: „schreiende Sägen“, „Batterien von Strahlern“, „schwarze Mauern“ und Lastwagen, die „fette Geldbündel“ bringen und holen. „Er fühlte sich seiner Heimat beraubt“ von den „Profiteuren“ und „selbstsüchtigen Handlangern Satans“.

Das mag einem reichlich naiv erscheinen, aber der Erzähler „fühlt sich nicht mehr wohl in dieser Welt, die nicht mehr die seine ist.“ Lücken „zwischen dem Wahn“, unberührte Landschaften (auch für seine Malerei) findet er nur noch in abgelegenen Gebirgstälern oder an der französischen Atlantikküste.

Und schließlich findet er an der Hand eines Engels ein Elysium, wo er seinen alten Freunden wiederbegegnet: der alten Eule, dem Eichelhäher, dem Hausfuchs.

Persönliches Vermächtnis

Aber da hatte der „Fuchs“ offenbar schon die Grenze zwischen Leben und Tod erreicht. Den Bildern von seinem Krankenhaus-Aufenthalt stellt Bernhard Maria Fuchs einen Epilog gegenüber, gibt zu, es sei „ein autobiografischer Bericht“, vermutet, was an seiner Leukämie schuld sein könnte und endet mit einer Art persönlichem Vermächtnis: „Wer die Natur verstehen will, muss mit ihr zu einer Einheit verschmelzen.“

Wie ein heiliger Franziskus mag er einem da vorkommen, genau passend hat er seinen Texten die entsprechenden seiner Bilder gegenüber gestellt: eine anrührende Erinnerung.

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