Melanie Köhler hat keine Angst vor dem Abstrakten

21.7.2018, 09:41 Uhr
Melanie Köhler hat keine Angst vor dem Abstrakten

© Foto: Hubert Bösl

Eigentlich ist Melanie Köhler Lehrerin für Kunst, Werken und technisches Zeichnen an der Mittelschule West. Neben ihrem viel Zeit beanspruchendem Job hat die 46-Jährige aber eine Leidenschaft für abstrakte Kunst. Ihr eigenes, kleines Atelier hat sich die Lehrerin im alten Gmelch-Haus an der Unteren Marktstraße im Wohnungszimmer eingerichtet.

Dorthin ging es nun auch für rund 15 Kunstliebhaber. Die Leiterin der Kunstvermittlung des Lothar-Fischer-Museums, Julia Isenberg, eröffnete die Matinee und übernahm im Verlauf auch die Moderation. Etwas zu sehen, "was uns sonst verborgen bleibt", so machte Isenberg den Kunstinteressierten die Exkursion schmackhaft. "Wir sind ganz gespannt, was du uns zeigen kannst", übergab sie schließlich das Wort an Melanie Köhler.

"Immer auf der Suche nach einem neuen Atelier", sei sie, sagt die Künstlerin, denn "mir fehlt es an Platz und Stauraum". Eine größere Wohnung sei kaum zu finden, zu kompliziert sei es in Neumarkt "bezahlbaren Raum zu finden". Im ehemaligen Metzgerei-Gmelch-Gebäude verbindet sie Wohnen und Arbeiten.

Wie sie zur Kunst gekommen sei, erzählt sie und versprüht dabei ein bisschen das Gefühl von Nostalgie: "Mein Opa hat damals mit Öl gemalt. Die Wohnung meiner Großeltern roch daher immer nach Ölfarbe. So hatte ich eigentlich meine erste Berührung mit der Kunst."

Zahntechnikerin gelernt

Nach der Schule wollte Köhler an die Kunstakademie gehen, aber als Tochter zweier Banker war dies nicht standesgerecht. Trotzdem setzte sie sich damals durch, um "wenigstens ins Handwerk" zu gehen. Sie lernte Zahntechnikerin, ehe sie Lehramt für Kunst, Werken und technisches Zeichnen studierte. Schließlich ließ sie dem eine Weiterbildung zur Kunsttherapeutin folgen.

Als heutige Lehrerin der Mittelschule West versucht sie, "Schüler für die Kunst zu begeistern". Aber auch privat habe "ich meinen Ausgleich durch Kunst gefunden". Sich selbst als stillen Menschen bezeichnend, "drücke ich viel durch meine Bilder aus".

Zwar seien ihre Bilder "meist abstrakt, aber auch persönlich", verrät Melanie Köhler, man erkenne nur zum Teil die Emotionen und Botschaften hinter ihren Werken. Derzeit hängt eine große Leinwand in ihrem Atelier, doch "ich weiß noch gar nicht, was da draufkommt", gibt Köhler unbekümmert lachend zur Notiz. Es "wird eine größere Arbeit", ist sie sich sicher, wobei sie auch keine feste Zeit einplanen könne, die sie diesem Bild widmen wird. So kann bei ihr die Schaffenszeit eines Werkes "manchmal eine halbe Stunde, aber manchmal auch ein halbes Jahr" dauern — und oft einfach irgendwo dazwischen.

Wegen des Platzmangels mache sie viele Papierarbeiten, sagt Köhler und streut gleichzeitig über ein Dutzend Bilder in Postkartengröße auf dem Atelierboden zur Betrachtung aus. Alle Werke sehen ähnlich aus; doch seien am Ende "nur zwei, drei gelungen".

Darauf zu sehen — abstrakte Kunst. So abstrakt das auch klingen mag, aber oft "schnappe ich mir meine schwächere, linke Hand und kritzel auf dem Papier herum". Das ergibt dann abstrakte Bilder. Die Ergebnisse, die ihr missfallen, steckt sie in eine ihrer unzähligen Skizzenboxen auf einem Regal."Vielleicht braucht man ja das ein oder andere mal wieder."

Das Prinzip der Mehrteiligkeit dieser sich ähnelnden Bildern findet sie sehr motivierend: "So kann ich aussortieren, das frustet halt nicht so", gibt sie ehrlich zu. Für Melanie Köhler stellt die Kunst den "totalen Ausgleich" dar, da "kann ich meine Probleme vergessen". Für mich ist das "wie wenn man fünfmal in der Woche an den Kanal geht und joggt". Nach dem fröhlichen Schaffen auf der Leinwand oder dem Papier sei sie immer "relaxed und glücklich".

Nachdem die Künstlerin ihre Vorzeichnungen vollendet hat, wechselt sie meist ihr Werkzeug, etwa vom Bleistift zur Ölpastellkreide. Zu diesem noch relativ frühen Zeitpunkt "suche ich nicht danach, was ich auf dem Bild schon sehen kann, ich mache nur die Gestik". Als dritten Schritt nimmt sich die Lehrerin die Komposition eines Bildes vor, also den Bildaufbau. "Sowohl bei klassischer Kunst als auch bei abstrakten Bildern gibt es Regeln, die man da beachtet."

Der Traum vom Künstlerhaus

Dass man die abstrakte Form der Kunst "nicht so gut greifen kann", dem ist sich Köhler bewusst. "Menschen neigen dazu abzugleichen, und es ist immer lustig, wenn Leute zu mir kommen und sagen, ah, das sieht doch aus wie..." Dies versucht die 46-Jährige auszuschalten, um die Magie der Abstraktheit aufrecht zu erhalten und eben nichts hinein zu interpretieren.

Isenbergs Frage, ob es eine Art Urknall für ihr Interesse an der abstrakten Kunst gegeben hätte, verneinte sie. Sie "habe viel im Studium dazugelernt" und "erprobe auch viel Material", nennt sie die Schlüssel zu neuen Ideen und Anregungen.

Hingegen "mache ich ungern Aufträge". Das setze sie unter Druck und quäle sie halbwegs. "Für mich sind Auftragsarbeiten nicht authentisch", stellt Köhler klar. Auch Workshops gebe sie sehr wenig und nicht regelmäßig, sondern eher spontan und schnipst passend dazu mit dem Finger.

Einen Kern an Themen, die sie mittels ihrer Werke ausdrückt, gibt es, oft handle es sich dabei um die Natur. "Dabei bilde ich oft nicht die Schönheit der Natur ab, sondern eher die Eingriffe in die Natur, auf die ich aufmerksam werde." Stets unterliegen ihre Bilder immer auch einem gewissen Prozess, denn "Bilder verändern sich, weil das Leben sich auch verändert". Auch deswegen mache sie in ihrer Lehrertätigkeit "in keinem Schuljahr etwas doppelt".

Der Vielfalt der Kunst hat sich Melanie Köhler verschrieben, "einzig Fotografie und Keramik würde ich eher nicht machen". Wie viel Zeit sie durchschnittlich in ihrem Atelier verbringt, kann sie den Anwesenden nicht sagen, "manchmal mache ich auch sechs bis acht Wochen gar nix". So sei ihr Zeitinvestment in die Kunst "ganz unterschiedlich".

Für die Zukunft fände die Künstlerin ein Künstlerhaus in Neumarkt toll, in dem drei bis sieben Künstler ihr Zimmer haben. "Denn ich arbeite zwar gern allein, aber auch der Austausch bereichert mich."

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