Mit Nachtwächter durch die dunklen Gassen Neumarkts

16.12.2017, 16:30 Uhr
Mit Nachtwächter durch die dunklen Gassen Neumarkts

© Foto: Helmut Sturm

Ausgestattet mit einer langen Stichwaffe und einer Laterne sorgte der Nachtwächter nach Einbruch der Dunkelheit für Sicherheit innerhalb der Stadtmauern. Georg Ziegler, einer der beiden Nachtwächter in der Pfalzgrafenstadt, erklärte den meist einheimischen Teilnehmern die historische Aufteilung der Stadt am Bronzemodell.

Erleichtert stellte er fest, dass diesmal keine Lehrer unter den Geschichtsinteressierten waren: "Dann kann ich mir die vielen Jahreszahlen sparen." In vier Viertel war die Stadt im Mittelalter eingeteilt – Kasten-, Kreuz-, Johannes- und Residenzviertel. Ganze zehn Straßennamen gab es damals. "Heute sind es fast tausend."

Ein besonders ehrbarer Beruf war der des Nachtwächters damals nicht, räumte Georg Ziegler ein. Schlich er doch nachts durch die dunklen Gassen der Stadt und bekam so einiges zu sehen, was nicht immer im Sinne der braven Bürger war.

Gleich neben dem Rathaus war die nächste Station der abendlichen Stadtführung. Angestrahlt von starken Scheinwerfern ragt es als höchstes Gebäude der Stadt in den schwarzen Nachthimmel, das Münster Sankt Johannes mit seinem annähernd 70 Meter hohen Turm. "Den Titel Münster wurde der Stadtpfarrkirche St. Johannes von Bischof Gregor Maria Hanke anlässlich des 825-jährigen Jubiläums verliehen", 2015 war das.

Im Mittelalter wachte im hohen Turm der Kirche der Türmer. Seine Hauptaufgabe war die frühzeitige Entdeckung von Bränden. Durch die Baumaterialien dieser Zeit waren Brände eine große Gefahr für die Menschen. Entdeckte der Türmer ein Feuer, so schlug er Alarm und streckte eine rote Fahne in die Richtung des Brandes, damit jeder Bürger wusste, wo in der Stadt das Feuer wütete. "Von größeren Feuersbrünsten blieb Neumarkt die ganze Zeit über verschont."

Von der Münsterkirche aus führte der Nachtwächter die Gruppe im Laternenlicht in die frühere Badegasse, die heutige Hallertorstraße. Dort stand früher das städtische Badehaus. Die Bader waren damals auch für die äußere Medizin der Menschen zuständig. "Neumarkt hatte damals die Möglichkeit, ein Kurbad zu errichten." Aus Kostengründen lehnten die Stadtoberen dies jedoch ab. "Dafür bauen wir heute ein Ganzjahresbad."

Am Pfarrhof und dem alten Feuerwehrhaus vorbei ging die nächtliche Führung weiter in die Bräugasse zum ältesten Bürgergebäude der Stadt, dem Schreiberhaus. "Aus einem früheren Schandfleck der Stadt wurde nach aufwendiger Renovierung ein Vorzeigeobjekt." Schräg gegenüber, am Platz der Schulturnhalle der Bräugasse, stand im Mittelalter das Weißbierbrauhaus.

Schloss und Reiter

Am neu wieder aufgebauten Unteren Tor und am Schuldturm vorbei führte der Nachtwächter im Laternenschein seine kleine Schar im engen Gässchen neben der ehemaligen Kaserne in Richtung Residenzplatz. "Das heutige Amtsgericht war früher das Schloss und somit der Wohnsitz des Pfalzgrafen Johann." Eine kleine Einführung in die Neumarkter Militärgeschichte, in die ehemals königlich bayerische Kavallerie, der Chevauleger Eskadron Neumarkt, war für viele Teilnehmer der mittlerweile nächtlichen Führung ziemliches Neuland.

Dass der heute für hochklassige Musikveranstaltungen genutzte Reitstadel vor 40 Jahren noch eine Weltkriegsruine war, schien für die Jüngeren in der Gruppe schwer vorstellbar. "Der heutige Haupteingang war ein Bretterverschlag, und aus den Mauern wuchsen Birken."

Nach einem kurzen Schlenker zum Klostertor, zur Christuskirche und zum früheren Kapuzinerkloster ging‘s durch die Klostergasse zurück in Richtung Rathaus. Zum Aufwärmen gab´s für alle einen heißen Glühwein auf dem windgeschützten Weihnachtsmarkt.

Nachtwächter Georg Ziegler verabschiedete sich dann von der Gruppe, um sich wieder seinen eigentlichen Aufgaben, der Überwachung der Sicherheit in der Stadt zu widmen.

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