MLF: Im Raumschiff zum Urknall

15.6.2018, 09:55 Uhr
MLF: Im Raumschiff zum Urknall

© Foto: Distler

Ein Platz im Weltraum-Modul gefällig? Aber da sitzt ja derzeit schon ein Deutscher. Oder vermutet man besser den Teilchenbeschleuniger CERN in diesem zweiteiligen Objekt, das in der Mitte diesen geheimnisvoll schimmernden keramischen Kern hat?

Leunora Salihu, die inzwischen in Düsseldorf lebt und dort ihr Atelier hat, war bei der Pressekonferenz anwesend, um alle diesbezüglichen Fragen zu beantworten. Auch die praktischen: Mehr als 1000 Schrauben mussten gedreht werden, um die Riesenskulptur, die in Einzelteilen aus Berlin nach Neumarkt gekommen war, wieder zusammenzufügen. Und sie heißt auch nicht CERN, nicht ISS, sondern "Urknall". Was dabei nach handwerklicher Präzision aussieht, das sollen eigentlich kleine Ungenauigkeiten sein, die sich ein Raumschiff schon mal gar nicht leisten könnte: "Dadurch werden meine Arbeiten lebendig." Akkurate Genauigkeit, die strebt Salihu nicht an: kein Handwerker-Meisterstück.

Sie beschäftigt sich beim "Urknall" mit ganz anderen Fragen: Wie verhalten sich Anziehung und Ausdehnung, Leere und Fülle, wo entsteht Bewegung in der angeblich gleichen Form? Zwei über zwei Meter hohe plastische Formen stehen sich da gegenüber: Wie verhalten sich der geschlossene Körper und der Leerraum als Volumen zueinander? Wirklich "spannend" (das Lieblingswort aller Kunsthistoriker) wird es in der Mitte, wo ein scheinbar amorphes Zentrum die beiden Module zusammenhält: massiv modelliert, aber ausgehöhlt, weil sonst zu schwer.

Alles andere der Lothar-Fischer-Preis-Trägerin, die ihren Scheck und die Urkunde schon 2017 bekommen hat und die jetzt ihre Ausstellung einlöst, ist diesmal ins Obergeschoss verbannt. Mit der Überschrift "Wechselspiel zwischen Stabilität und Labilität": So sieht es zumindest Leunora Salihu, die in Prishtina studiert hatte, mit ihrer Familie nach Deutschland geflohen und in Düsseldorf Meisterschülern von Terry Cragg war. Seit 2010 reihen sich die Ausstellungen, auch einige Auszeichnungen, und der "Urknall" war auch das Thema ihrer letzten Ausstellung in Berlin.

Die Neumarkter Museumspädagoginnen hatten im Hinblick auf ihre kommende Arbeit viele Fragen an Salihu. Wie ist bei "Propeller" die Beziehung von Sockel und Figur, wie verhalten sich die Materialien Holz und Keramik zueinander, welche ist bei der "Welle" die eigentliche Schauseite? Sie haben auch schon Modelle ausprobiert, mit denen sie Leunora Salihus Bauprinzipien den Kindern und Schülern nahebringen wollen: natürlich nicht am heißen Brennofen, sondern mit Türmchen aus Papier. Denn so macht es Leunora Salihu auch: "nichts mit Computer, Entwürfe mit Bleistift und Papier", höchstens bei schwierigen Verschraubungen oder Brennvorgängen holt sie sich professionelle Hilfe.

Denn so einfach wie manches aussieht, so kompliziert ist der Entstehungsprozess der "Schwestern" oder bei den "Chips": "Man muss sein Material genau kennen, darf nicht gegen das Material kämpfen." Die Arbeit mit dem Material Ton verbindet sie mit Lothar Fischer, das Ergebnis freilich ist ganz anders: Nach dem künstlerischen Urknall haben sie sich sehr verschieden entwickelt. Wohin, das wollen bei der Vernissage am Sonntag auch Thomas Heyden vom Neuen Museum Nürnberg oder der Neumarkter Kulturreferent Peter Ehrensberger beleuchten.

ZÖffnungszeiten ab 20. Juni und bis zum 7. Oktober: Mi-Fr, 14-18 Uhr, Sa/So, 11-18 Uhr.

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