Neumarkt trauert um Ernst Haas

NEUMARKT - Ernst Haas ist tot. Der einzige Neumarkter jüdischen Glaubens, der die KZ der Nationalsozialisten überlebt hat, ist gestern um sieben Uhr in einem Krankenhaus in New York gestorben. Seine Freunde in Neumarkt trauern mit seiner Frau Myrna seinen Kindern und ihren Familien.

Im September wären es zehn Jahre gewesen, dass Ernst Haas, der am 1. Juni 1925 in Neumarkt das Licht der Welt erblickte, nach Jahrzehnten der Abwesenheit erstmals wieder seine Heimatstadt besucht hat.

Die Absenz war gewollt - das Unvorstellbare, das Haas und seiner Familie in den KZ der Nazi widerfahren war und dazu das bleierne Deutschland der Nachkriegszeit, in dem vor allem bewusst weg gesehen wurde von dem, was in zwölf Jahren Tausendjährigem Reich verbrochen worden war, das machte ihm eine Rückkehr unmöglich.

Dass es dann doch noch dazu kam, ist Religionslehrer Helmut Enzenberger vom Ostendorfer-Gymnasium zu verdanken. Er hatte im Memorbuch der jüdischen Gemeinde Fürth die Lebensdaten von Ilse Haas entdeckt. Diese gab er drei Schülerinnen, damit sie herausfinden, was sich hinter den knappen Angaben verbirgt. Und die drei waren erfolgreich: In einem langen Brief schilderte ihnen Ernst Haas den Leidensweg der Familie und seiner Schwester Ilse durch die KZ der Nazi und ihre Ermordung. Dass er den Brief überhaupt erhielt, war dem Zufall geschuldet. Ernst Haas war mit seiner Familie umgezogen, die Zeit, in der Briefe nachgeschickt werden, war abgelaufen. Doch weil es ein Brief mit ausländischem Absender war, drückte die amerikanische Post ein Auge zu und übermittelte ihn.

Seitdem entwickelte sich eine tiefe Freundschaft zwischen Ernst und Myrna Haas, zahlreichen Neumarktern und den Schülern des OG. „Eure Namen werden nicht vergessen“, versprachen die Schüler, im Gymnasium wird an Ilse Haas mit einer Gedenktafel erinnert, auch die Namen der 44 jüdischen Neumarkter, die in den NS-Konzentrationslagern umgekommen sind, werden hoch gehalten.

Am 1. Juni hat Ernst Haas seinen 91. Geburtstag gefeiert, knapp einen Monat später musste er sich einer schweren Operation unterziehen; in ihrer Folge kam es zu dem Alter geschuldeten Komplikationen. Nun ist er im Kreise seiner Familie gestorben.Die Beerdigung wird in den nächsten Tagen in Hackensack/New Jersey sein.