Neumarkter kämpft in Syrien für Islamischen Staat

8.6.2015, 06:00 Uhr
Neumarkter kämpft in Syrien für Islamischen Staat

© Screenshot: facebook.com

Er nennt sich in einem Interview harmlos "Mitarbeiter des Staates". Es ist aber nicht irgendein Staat, sondern der Islamische Staat, für den ein heute 28-jähriger Neumarkter arbeitet. So sieht er selbst es jedenfalls. Im Internet, auf seiner Facebook-Seite, auf der er seine Sicht der Welt offensiv vertritt, herrscht Krieg wie in Syrien, wenn auch verbal. Seine Neumarkter Freunde sind schockiert, ratlos, entsetzt.

„Ich bin zufrieden mit Allah als Herrn, mit dem Islam als Religion und Muhammad als Propheten“, steht auf der öffentlich zugänglichen Facebook-Seite von Valdet Gashi. Darunter hält der Thai-Boxer, der sich zweimal den Weltmeister-Titel sicherte, seine Trophäen stolz in die Höhe, an der Wand prangt eine Flagge des Islamischen Staates. Laut Eigenaussage ist die Aufnahme in Membij in Syrien, im Herzen des Islamischen Staates, ins Netz gestellt worden. Aber wer weiß das schon.

„Das war ein netter, höflicher Mensch, der mit uns auch fort gegangen ist“, erinnert sich ein Gleichaltriger an den einstigen Schulfreund. Religion sei kein Thema für den drahtigen jungen Mann gewesen, „der hatte ganz normalen Umgang, auch mit Mädels und so“. Es ist noch nicht lange her, dass der Kontakt abriss, zuletzt habe er im Internet immer fassungsloser die Wandlung des Neumarkters zum Islamisten verfolgt.

Mit wallendem Bart

Valdet Gashi, heute mit wallendem Bart ganz im Stil des IS, war mit seinen Eltern während des Balkankonflikts nach Bayern gekommen. Zuerst war die Familie in Parsberg untergebracht, später zog sie nach Neumarkt. „Den hat sein Vater damals immer wieder zum Boxen heraufgefahren“, erinnert sich ein ehemaliger Box-Trainer. Das sei damals schon ein guter Kickboxer gewesen, er habe für die Kampfgemeinschaft ASV/DJK Kämpfe bestritten. Aus der Zeit gibt es auch ein Bild, das den Kämpfer im Dress des ASV im Ring zeigt. Was der Trainer heute noch weiß: Der Vater sei streng gläubig gewesen. Und auch Valdet Gashi selbst habe damals schon „viel mit dem Glauben gehabt“; so habe er es jedenfalls empfunden.

Doch nicht nur als Boxer machte sich der damals 18-Jährige einen Namen: Er taucht auch in der Besetzungsliste des Theatervereins Neumarkter Schlossspiele auf. Als „pfeifender Bobby“ spielte er in einer englichen Komödie mit, „Bunburry oder der Ernst des Lebens“, ein Jahr vorher war er für die Tontechnik verantwortlich. „Den hat seinerzeit einer mitgebracht, soviel ich weiß“, erinnert sich eine der Darstellerinnen von damals, „der hatte aber den Ruf, schwierig zu sein.“

Ernst des Lebens

Der Ernst des Lebens begann für Gashi dann in Thailand, wo er profesionell in die Kickbox-Szene einstieg und große Erfolge feierte. Als „Thundercat“, so sein Kampfname, hat er in Thailand 152 Profi-Kämpfe absolviert, sich damit seinen Lebensunterhalt verdient. Dort lernte er seine Frau kennen, geheiratet wird 2012, er hat zwei Töchter. Zurück in Deutschland landete Gashi allerdings nicht in Neumarkt an, sondern in Singen. Dort trainierte er in einem Kampfsportcenter, machte später selbst eines in Winterthur auf. In dieser Phase, sagt sein Neumarkter Bekannter, muss es auch zu diesem Wandel gekommen sein. Im Südkurier, der ein langes Interview mit Gashi abdruckt, wird gemutmaßt, dass dieser von deutschen Salafisten radikalisiert worden sei, sich schließlich auf den Weg nach Syrien machte. Dort schiebt er Wache, schreibt er der Zeitung, zwar mit der Kalaschnikow in der Hand, aber an seinen Händen klebe kein Blut. Eine Aussage, die schwer zu beurteilen ist aus der Ferne.

In sein früheres Leben in Neumarkt führt fast keine Spur mehr — nur auf Facebook findet sich noch ein Hinweis auf diese Zeit. Wohnt in Singen, Baden-Württemberg, heißt es da, und darunter: Aus Neumarkt in der Oberpfalz. Geht es nach der überwiegenden Anzahl der Kommentare auf der Facebook-Seite, wird er Neumarkt nie wieder sehen.

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