Neumarkter Miss ein Paradies für Schmetterlinge

26.5.2017, 10:45 Uhr
Neumarkter Miss ein Paradies für Schmetterlinge

© Foto: Haderlein

Zuerst ging Stadt-Försterin Sabine Huhn als "Hausherrin" dem Namen des Gebietes bei dem Waldspaziergang auf den Grund: Oft bezögen sich Waldnamen darauf, was im Boden zu finden sei, berichtet die Försterin, die zugleich Bodenkundlerin ist.

"Hier im Boden der Miss gibt es viel Sand, der aus Franken hergeweht wurde. Durch die ansteigenden Jurahöhen blieb ein Teil hier liegen. Er ist jedoch sehr nährstoffarm und führt deshalb nach wie vor zu Misswuchs. Darum heißt das Gebiet Miss", erklärt Sabine Huhn.

Die Zuhörer lassen ihre Blicke durch das Waldgebiet schweifen. Viele unterschiedliche Baumarten gibt es nicht zu entdecken: 86 Prozent der Bäume im Miss-Gebiet sind genügsame Kiefern, die mit den kargen Bodenverhältnissen zurecht kommen.

Zum Vergleich: Der Anteil an Kiefern in deutschen Wäldern insgesamt beträgt laut Sabine Huhn 23 Prozent, in Bayern 19 Prozent und im gesamten Neumarkter Gebiet 42 Prozent.

Doch diese Monokultur, wie sie im Miss-Gebiet zu finden ist, birgt eine große Gefahr: Schädlingsbefall. Stete Kontrollen seien deshalb besonders wichtig, so Sabine Huhn.

Unabhängig vom Befall überlegt sie, wenn sie durch den Wald streift, wo man welche Bäume herausnehmen kann, um den Wuchs der anderen zu fördern – eine Gratwanderung wie sie beschreibt: "Stellen wir zu stark frei, kippen die jüngeren und damit dünneren Bäume bei Wind oder Schnee leicht um und das Wasser versickert zu schnell im Boden. Stellen wir zu wenig frei, kommt das Wasser überhaupt nicht mehr bis zum Grund."

Zum Erhalt verpflichtet

Denn im Waldgebiet Miss kommt eine weitere Besonderheit hinzu: Es bildet eine wichtige Wasserreserve für Neumarkt "und wir sind dazu verpflichtet, die Stetigkeit der Wasserspende und die Wasserqualität zu erhalten", schildert Sabine Huhn.

Durch die richtige Menge an gesunden Bäumen, funktioniert das System: Der Regen fällt auf die Bäume, das Wasser tropft langsam zu Boden, die Bäume nehmen daraus das Nitrat auf und schützen so das Grundwasser. Auch der Sand am Boden wirkt wie ein Filter.

Apropos Filter, wenn es um Bleiben oder Fällen geht, entscheidet Sabine Huhn nach einem weiteren, augenscheinlichen Kriterium: "Gerade in einem Kiefernwald kann man sich leicht verlaufen. Das Gebiet ist aber als Naherholungsgebiet sehr beliebt. Deshalb lasse ich bewusst Bäume mit bizarrer Gestalt stehen, an denen man sich orientieren kann."

Naturschützer schwärmen

Immer weiter hinein führt die Führung, zu der neben Försterin Sabine Huhn auch Christian Kleiner vom Forstamt, Werner Thumann und Agnes Hofmann vom Landschaftspflegeverband sowie Doreen Hapatzky von der Unteren Naturschutzbehörde eingeladen haben.

An einer sehr hellen Stelle bleibt die Gruppe stehen. Hier gibt es statt Bäumen vorrangig eine Heide mit mehrere Sandflächen – Mini-Sandkästen für Vögel und Eichhörnchen mag man vielleicht meinen.

Georg Knipfer vom Landesbund für Vogelschutz gerät ins Schwärmen, als er erzählt, wer in diesem Bereich alles eine Heimat gefunden hat: "Dutzende Schmetterlingsarten wie der Tagfalter, der Nachtfalter oder der Heidelbeerspanner, Fledermäuse, der Baumpieper, eine bestimmte Ameisenart und viele weitere spezielle Tierarten, die nur hier auf diesen mageren Böden vorkommen."

Die einen leben hier, die anderen nutzen die Heidefläche als "To Go"- Imbiss – ein Nahrungskreislauf. Genau wegen dieser weiteren Besonderheit steht das Miss-Gebiet unter Schutz; in mehrerlei Hinsicht wie Doreen Hapatzky von der Unteren Naturschutzbehörde erläutert: "Zum einen ist das hier ein Naturschutzgebiet. Das ist die strengste Schutzkategorie, die das deutsche Naturschutzgesetz kennt."

Zum anderen liegt über diesem nationalen Recht laut Doreen Hapatzky im Fall des Waldgebiets Miss noch ein weiter ,Schutzstempel‘; der für das Flora-Fauna-Habitat-Gebiet: "Das ist ein europäisches Schutzsystem, das die EU entwickelt hat: Sie hat erkannt, dass es bestimmte Lebensraumtypen und -arten gibt, die man schützen muss, damit sie uns nicht wirklich noch abnippeln."

Anderen Blick bekommen

Und so stünden allein in unserer Gegend 730 Hektar unter Natur- und FFH-Gebietsschutz, mit genauen Vorgaben, was dort gemacht werden darf und was unterlassen werden muss.

"Eine angepasste Holznutzung, die den Naturschutz im Blick hat", ist deshalb die Basis, auf die sich die Beteiligten bei der Führung einigen.

Und so manch ein Waldbesucher wird beim nächsten Mal mit ganz anderen Augen durch das Waldgebiet Miss laufen – und wenn er nur den knorrigen Baum sucht, den Försterin Sabine Huhn extra für ihn hat stehen lassen.

Keine Kommentare