Ob Odelschöpfer oder Barbie: Karg in Velburg hat alles

15.7.2017, 13:26 Uhr
Ob Odelschöpfer oder Barbie: Karg in Velburg hat alles

© Fotos: Christian Biersack

"Der Koach hods" sagen auch die Velburger, die, wenn man einen fragt, dankbar sind, noch so einen Laden in ihrer Stadt zu haben. Denn er erspart ihnen manche lange Fahrt und möglicherweise erfolglose Suche in den größeren Städten ringsum. Bauern, Handwerker, Gartler und Bastler aus dem Landstrich um das hübsche Jura-Städtchen wissen, was sie an Resi und Johann Karg haben.

Hier werden sie fündig, wenn anderswo längst bedauernd "hamma net" gesagt wird. Und, wenn es sein muss, sperren sie auch noch zu nachtschlafender Zeit auf.

Laufkundschaft wird den Laden in der versteckten Altstadtgasse nicht finden. Wer die alte breite Holztür neben den beiden sehr schlichten Schaufenstern öffnet und nach rechts ins Geschäft tritt, fühlt sich ein wenig wie im Märchenland. Der Blick fällt auf ein Regal mit einer farbigen Auswahl von Wollknäueln, schweift über knallbunte Kartons mit Spielsachen, verirrt sich in allerlei Bastelutensilien, entdeckt Buntstifte, kleine Gläschen mit Acrylfarbe und Deko-Material und auf der gegenüberliegenden Seite fein säuberlich an der Wand Sägen, Bohrer und Äxte.

Der Laden, das weiß auch das Ehepaar Karg, wirkt mit seinen übervollen Regalen, der kunterbunten Angebotsvielfalt ein wenig aus der Zeit gefallen. Die 73-jährige Inhaberin und ihr zwei Jahre älterer Mann sind es mit Sicherheit nicht. Selbstverständlich sind sie unter resi.karg@t-online.de auch im Internet zu erreichen. Denn, Nostalgie hin und verirrendes Sammelsurium her, auch die Kargs spüren die Konkurrenz im Netz. Besonders bei den Spielsachen, die sich bei ihnen bis unters Dach stapeln: Barbiepuppen, natürlich, Tretautos, Modellfahrzeuge und das Werkzeugset für den kleinen Handwerker. Eltern finden hier ziemlich viel von dem, was mutmaßlich das Herz ihres Sprösslings begehren könnte.

Früher Pferde beschlagen

Da es in Velburg kein derartiges Geschäft gab, hatten sich die Karg schon vor vielen Jahren entschlossen, eine große Auswahl an Spielzeug in den zwei Stockwerken anzubieten.

Der Anfang war handfester. Die Vorfahren von Schmiedemeister Johann Karg hatten um 1890 in dem Haus in der Unteren Gasse 3 eine Schmiede eingerichtet. Pferde wurden hier beschlagen, landwirtschaftliches Gerät gefertigt und repariert.

Ob Odelschöpfer oder Barbie: Karg in Velburg hat alles

1965 verlagerten die frisch verheirateten Eheleute Johann und Resi die Werkstatt nach hinten und verlegten ihren kleinen Laden von der anderen Straßenseite in die Räumlichkeiten, wo er heute noch ist.

Und aus allen Nähten platzt. "Ja ich weiß", sagt Resi Karg, "es ist alles ein bisserl eng bei uns, wir müssten erweitern. Aber das tun wir uns nimmer an auf unsere alten Tage." Die beiden haben drei Kinder, die alle einen eigenen Beruf erlernt und längst abgewunken haben. "Nach uns ist dann wohl Schluss", gibt sich Resi Karg ganz gelassen. Das Bedauern überlässt sie den Velburgern.

Doch das Ehepaar will, obwohl schon längst in Rente, die Hände nicht in den Schoss legen. Fad wäre ihnen sonst. Auch der Doktor habe gesagt, erzählt Resi Karg, sie solle unbedingt weiter machen. "Wennst aufhörst, stirbst".

"Schrauben haben wir alle"

Das Reich von Johann Karg ist die, sagen wir mal, Eisenwarenabteilung: "Schrauben", sagt er selbstbewusst, "da haben wir alle". Es ist ein Baumarkt im Kleinen. Vom Maschendrahtzaun bis zur Blumenerde. "Auch Geräte, die die Bauern sonst nicht mehr kriegen, haben wir" springt ihm seine Frau zur Seite: " Wo können die noch einen Odelschöpfer kaufen, wenn nicht bei uns?"

Und sie weiß auch, in welche Ecke der sich verkrochen hat. "Es gibt fast nichts, was ich nicht auf Anhieb finden würde. 50 Jahre Aufräumen und sauber machen. Das hat sich bei mir alles da eingeprägt" sagt sie und tippt sich energisch mit dem Zeigefinger zwei Mal an den Kopf.

Keine Kommentare