Pfleiderer gehört Hedgefonds

8.4.2013, 07:00 Uhr
Pfleiderer gehört Hedgefonds

© Edgar Pfrogner

Das ist bisher geschehen: Die mit knapp einer Milliarde Euro überschuldete Pfleiderer AG war in die Planinsolvenz in Eigenverwaltung gegangen. Aus dem Verfahren ging die Pfleiderer AG-Holding durch einschlägige Kapitalmaßnahmen mit einem neuen Alleineigentümer hervor: der in Luxemburg beheimateten Gesellschaft mit dem Namen Atlantik S.A. Alle Anleiheinvestoren und Altaktionäre gingen leer aus (wir berichteten ausführlich). Kürzlich wurde dann die AG in eine GmbH umgewandelt.

Pfleiderer gehört Hedgefonds

© dpa

Doch wer oder was ist Atlantik S.A.? Recherchen der Neumarkter Nachrichten führen zu einem Firmenkonstrukt, an dessen Spitze die TMF Luxembourg S.A. steht. Sie beschäftigt weltweit rund 4000 Mitarbeiter an 100 Standorten. Das Unternehmen erbringt „Beratungsdienstleistungen im Bereich Finanzierung, Accounting und Reporting“.

Pfleiderer gehört Hedgefonds

TMF ist außerdem assoziiertes Mitglied des Branchenverbandes Luxembourg Private Equitiy & Venture Capital Association. Bei einer veröffentlichten Liste von betreuten Unternehmen innerhalb der TMF Group fällt auf, dass die meisten Firmen auf den Britischen Virgin Islands, auf den Cayman-Inseln, Curacao, Jersey, Irland und auf Malta angesiedelt sind.

Eine Anfrage bei TMF in Luxemburg blieb ergebnislos — fast, denn eine Assistentin der Direktion sagte beim Stichwort „Pfleiderer“ spontan nur: „Das sagt mir gar nichts.“ Weitere Auskünfte lehnte sie ab. Eine E-Mail mit Fragen zu Geschäftsbeziehungen mit Pfleiderer blieb unbeantwortet.

„Der falsche Ansprechpartner“

Doch welche Auskunft gibt Pfleiderer selbst zu den Eigentumsverhältnissen? Der externe Pfleiderer-Sprecher Frank Elsner bestätigte nur, dass die Luxemburger Gesellschaft Atlantik S.A. einzige Aktionärin beziehungsweise Gesellschafterin von Pfleiderer sei. „Wir sind der falsche Ansprechpartner, wir können nicht für den Eigentümer von Pfleiderer sprechen, das muss die Atlantik selbst entscheiden, ob sie mehr sagen will“, so der offizielle Pfleiderer-Sprecher Elsner. Er verwies an die internationale Unternehmensberatung Communications & Network Consulting (CNC).

Eine CNC-Sprecherin erklärte, Eigentümer von Atlantik seien „mehrere internationale institutionelle Investoren“. Sie nannte die beiden bereits bekannten Verwaltungsräte von Atlantik, die nun auch im neuen GmbH-Aufsichtsrat von Pfleiderer säßen: den ehemalige Mannesmann-Manager Kurt-Jürgen Kinzius, der bei der Übernahme jenes Unternehmens durch den britischen Mobilfunkriesen Vodafone Schlagzeilen gemacht hat, und den promovierten Betriebswirt Michael Keppel aus Frankfurt, der in einer Wirtschaftsdatenbank als „freiberuflicher Krisenmanager“ bezeichnet wird.

Doch die bekannten Personalien von Atlantik und das Luxemburger Firmen-Geflecht führen bei der Suche nach den Pfleiderer-Eigentümern nicht wirklich weiter. Die Luxemburger Aktiengesellschaft Société anonyme (S.A.) ist offenbar so anonym, dass die Geldgeber selbst aus offiziellen Firmendatenbanken nicht hervorgehen.

Doch die Katze ist inzwischen aus dem Sack: Der Europäische Wirtschaftsdienst (Euwid) berichtete bereits Ende Februar — unbeachtet von anderen Wirtschaftsmedien — über die Hintergründe: Ende Januar habe die Beteiligungsgesellschaft Intertrust SPV (Cayman) Limited (sie gehört dem US–Finanzinvestor Blackstone) eine Mehrheitsbeteiligung an der Atlantik S.A. erworben und verfüge so mittelbar auch über die Mehrheit an der Firma Pfleiderer, die zu der Zeit noch eine AG war.

Bis dahin sei die Atlantik S.A. von der Azur Vermögensverwaltung (Hamburg) kontrolliert worden, die von dem Rechtsanwalt Berthold Brinkmann geleitet werde. Hinter der Azur stünden „internationale Investoren“ und darunter einzelne Hedgefonds wie das US-Unternehmen Strategic Value Partners (SVP), berichtet Euwid erstaunlich gut informiert. SVP habe 2012 damals wackelnde Kredite der Pfleiderer AG übernommen und sei über Kapitalmaßnahmen ohnehin indirekt an Pfleiderer beteiligt.

Berthold Brinkmann ist der Kopf der Anwalts- und Steuerberatungsgroßkanzlei Brinkmann & Partner in Hamburg. Er machte im Gespräch mit den Neumarkter Nachrichten keine Angaben und berief sich auf seine Verschwiegenheitspflicht als Anwalt.

Was ist von Hedgefonds, Private Equity und ähnlichen Investitionsarten zu halten? Private Equity ist eine Beteiligungsform außerhalb börsennotierter Anlagen, bei der das Investment durch einen hohen Anteil von Fremdkapital und den hohen „Cashflow“ (Umsätze) des übernommenen Unternehmens finanziert wird.

Private Equity ist die vornehme Bezeichnung eines Phänomens, das einst der SPD-Politiker Franz Müntefering als „Heuschrecken“ gebrandmarkt hat — eine Parabel für Geschäftspraktiken, bei denen Investoren vor allem an einer gewinnbringende Verwertung des übernommenen Unternehmens interessiert sind. Münteferings Heuschrecken-Bonmot drang damals bis zum Chef des heutigen Pfleiderer-Eigentümers Blackstone, Stephan A. Schwarzman. Er beschwerte sich 2006 bei Bundeskanzlerin Angela Merkel, wie es sein könne, dass ein Kabinettsmitglied ihn mit einem Insekt vergleiche.

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