Proben für „Hitlerjunge Adolf“ laufen

4.3.2013, 10:09 Uhr
Proben für „Hitlerjunge Adolf“ laufen

© Franz-Xaver Meyer

Es muss noch improvisiert werden. Die Szene, an der gerade gefeilt wird, spielt in einem Bauernhaus in Pölling, kurz bevor Neumarkt im April 1945 von den Amerikanern eingenommen wird.

Im Probenraum, der Aula der Mittelschule, steht lediglich ein Tisch, die sechs Darsteller der Szene kommen in Straßenkleidung. Regisseur Franz X. Müller verteilt die Texte, die er selbst geschrieben hat. Sie dürfen noch abgelesen werden. Die Hausaufgabe hat Müller parat. „In 14 Tagen bei der nächsten Probe muss der Text sitzen.“

Sieben bis acht Minuten dauert das Geschehen, der Inhalt ist authentisch. Müller hat ihn von einer Pöllingerin erzählt bekommen, eine von den 30 Zeitzeugen, die Müller für das Musical befragt hat. Zwischen Sommer 1944 und Herbst 1945 spielt das Stück, parallel dazu aber auch in der Gegenwart im Neonazi-Umfeld.

„Was in den Menschen damals vorgegangen ist, ihre Erlebnisse, ihre Gefühle, das will ich auf die Bühne bringen“, erzählt Müller zwischen seinen Anweisungen für die Darsteller in der „Bauernstube“.

Zwei Amerikaner sitzen im Zimmer. Auch ein Farbiger ist mit Adjutant Mandingo dabei. Die passenden Uniformen müssen in nächster Zeit noch aus einem Armeemuseum besorgt werden.

„Ab zwei wird geschossen“

Mandingo in englischer Sprache und Roland Pröbster als zweiter GI in gebrochenem Deutsch stellen der Bäuerin, gespielt von Hilde Endel, ein Ultimatum. Neumarkt muss sich bis 14 Uhr ergeben. „Ab zwei Uhr wird geschossen“, sagt der GI mit aller Deutlichkeit. Die Bäuerin zittert: „Kann man nicht noch warten?“, fleht sie den Sergeant an. Und der: „Ich kann kein Risiko mehr eingehen. Es sind schon zu viele amerikanische Soldaten gefallen.“

In einer kurzen Pause unterhalten sich Franz Xaver Müller und Hilde Endel noch über Einzelheiten. Soll die verdatterte Bäuerin einen Rosenkranz beten? Wer hat einen Rosenkranz? Man will überlegen bis zum nächsten Treffen, wie man es umsetzt. . Die Bäuerin hat im Keller einen Amerikaner versteckt, der beim Durchzug der US-Truppen im Heu geschlafen hat. Doch die Soldaten kennen auch deshalb keine Gnade.

Fortsetzung der Szene: Das Ganze kippt ins Groteske um, als die GIs Bäuerin und Tochter zwingen, ein Lied zu singen und zu spielen. Vor lauter Aufregung spielen Tochter (Franziska Pruy) auf der Flöte und Vater (Thomas Großhauser) auf der Gitarre „Stille Nacht, heilige Nacht“. Und das im April.

„Es hat sich wirklich so zugetragen“, erzählt Müller. „Nur dass die Flöte eine Zither war“, ergänzt er. Mit dem Ende der Szene wird deutlich, dass die Familie zum Spielball der US-Soldaten wird. Sie freuen sich, ausgehungert, wie sie sind, auf Pfannkuchen. Und was passiert ? Die Soldaten pinkelten auf die Fladen und hängten sie am Zaun auf.

Das Musical besteht aus 36 Einzelszenen. Für die Musik sind Max Gmelch, Marcel Estermann und Andreas Flierl zuständig. Zum Musical ist ein umfangreiches Beiprogramm mit Vorträgen und einer von Schülern gestalteten Ausstellung geplant. Karten gibt es im Vorverkauf in der Tourist-Information im Rathaus oder im Eine-Welt-Laden in der Unteren Marktstraße.

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