„Solarstrom hat den Todesstoß bekommen“

28.2.2012, 12:00 Uhr
„Solarstrom hat den Todesstoß bekommen“

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„Wir können keine Aufträge mehr generieren, es ist irrsinnig, es besteht totaler Auftragsstopp, damit hat man die Photovoltaik totgemacht“, schimpft Gerhard Ulm. Für den Kreishandwerksmeister und Elektro-Innungsmeister ist es keine Frage: „Damit hat man der Solarstromerzeugung den Todesstoß verpasst.“

Gemeint ist die Absprache von Umwelt- und Wirtschaftsminister in Berlin, möglichst bis zum 9. März die Sonnenstromvergütung — sie wird von den Stromkunden bezahlt — je nach Anlagengröße um 20 bis 30 Prozent zu senken. Danach soll es ab Mai in jedem Monat einen Abzug von 0,15 Cent pro Kilowattstunde geben. Darüber muss erst noch das Kabinett entscheiden. Ein Gesetzgebungsverfahren ist noch nicht in Sicht. Durch die geringer werdenden Einnahmen aus der Solarumlage stellt sich bei vielen neuen Photovoltaikanlagen die Rentabilitätsfrage.

Arbeitsplätze gefährdet

Innungsmeister Ulm zeigt die Folgen des energiepolitischen Zickzack-Kurses der Bundesregierung auf: Tausende von Arbeitsplätzen und Ausbildungsstellen seien in Gefahr; zahlreiche spezialisierte Betriebe kommen nach Ansicht der Kreishandwerksmeisters nun „ins Rudern“. Für Gerhard Ulm passt es nicht zusammen, einerseits aus der Atomtechnik auszusteigen und andererseits regenerative Energien zu propagieren, um ihnen dann den Garaus zu machen.

Voraussichtlich geraten viele Bauherrn und Investoren nun durch die drohende Kürzung so in Zeitdruck, dass sie ihre Vorhaben vorerst stoppen werden. Von der Bauentscheidung bis zur Inbetriebnahme (sie ist ausschlaggebend für die Solarförderung) vergehen gewöhnlich mindestens drei Monate. Es dürfte einige Betreiber geben, die ihre bereits in der Planung befindlichen Sonnenstromanlagen nicht mehr rechtzeitig fertigstellen können.

Auf der Kippe steht nun von einem Tag auf den anderen ein Projekt der Bürgergenossenschaft Jurenergie: Auf einem 8000 Quadratmeter großen ehemaligen Deponiegelände auf Velburger Stadtgebiet soll eine kleinere Freiflächenanlage mit einer Leistung von 0,5 Megawatt entstehen. Jurenergie erwartet bis zum 8. März dafür Angebote von Baufirmen. „Dieses Projekt ist in Frage gestellt, weil die Gefahr besteht, dass es nicht mehr rentabel darstellbar ist“, sagte Roland Hadwiger von der Kreisentwicklung im Landratsamt.

Die Genossenschaft Jurenergie hat in der Startphase etwa 80 Prozent des eingesammelten Kapitals in Photovoltaikanlagen gesteckt – mit gesicherten und lukrativen Einspeisungsvergütungen. Priorität habe nun ohnehin die Investition in Windkraftanlagen, erklärte Hadwiger.

„Der Bauherr ist am Rotieren und fragt sich, ob er das Vorhaben ganz abblasen soll“, berichtete Josef Neumeyer vom Förderkreis Solar- und Windenergie Neumarkt in Bezug auf eine 500-Kilowatt-Anlage auf mehreren landwirtschaftlichen Gebäuden in einem Ort im südlichen Landkreis. Damit steht eine Investition von rund 800000 Euro in Frage, für die alle Beteiligten schon Vorleistungen erbracht haben. „Das gibt sicher noch viel Ärger, auch zwischen Auftraggebern und Auftragnehmern“, sagt Neumeyer vor allem mit Blick auf zahlreiche andere Projekte. „Wir haben einige Photovoltaik-Projekte, welche bereits in der Planung sind und worin Investitionen getätigt wurden. Die Investoren sind teilweise sehr beunruhigt, ob ihre Finanz- und Investitionsplanungen in bereits angestoßenen Projekten gesichert sind“, so Thomas Vogel von der TecnoSun Solar Systems AG in Neumarkt. Gegen die geplante Regelung gebe es massive rechtliche Bedenken, so Vogel.

Die Jahreshauptversammlung des Neumarkter Solar-Förderkreises am kommenden Donnerstag (19 Uhr, Johanneszentrum) wird zu einer Art Krisensitzung. Der Vorstand plant die Ausarbeitung einer Stellungnahme (siehe weiteren Bericht).

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