"Unzulässige Wirtschaftsförderung" durch Stadt Neumarkt

9.4.2018, 19:21 Uhr

© Andre de Geare

Zwei Fristen am 1. Dezember 2017 und am 31. März 2018 sind bereits verstrichen, ohne dass die Stellungnahme das Rathaus verlassen hätte. Auch jetzt ist nach Angaben der Landkreis-Justitiarin Dr. Marion Robl nicht klar, wann die Stadt Neumarkt ihre Stellungnahme abgibt.

Das ist bisher geschehen: Der Bayerische Kommunale Prüfungsverband hat bemängelt, dass die Kommune 2010 und 2011 am Winnberger Weg zwei Grundstücke mit einer Gesamtfläche von über 6800 Quadratmetern zu Preisen von 40,32 Euro und 52 Euro pro Quadratmeter an Unternehmen verkauft hat — damit weit unter den amtlich festgestellten Preisen, die zwischen 60 und 80 Euro ohne Erschließungskosten liegen. Die beiden Flitz-Stadträte Dieter Ries und Johann Georg Gloßner haben daraufhin OB Thomas Thumann wegen "Untreue" bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Diese bestätigte auf NN-Anfrage, dass ein Ermittlungsverfahren gegen "Verantwortliche der Stadt" läuft. Im Zuge dieser Ermittlungen wartet nun neben der Landkreis-Rechtsaufsicht auch die Staatsanwaltschaft auf die Stellungnahme der Kommune (wir berichteten).

Es kommt nicht von ungefähr, dass sich die Stadt mit einer Begründung für den beanstandeten Grundstücksdeal schwer tut. Der nichtöffentlich tagende Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates hat sich mit der brisanten Frage befasst, wie die Kommune nun argumentieren soll. Im Rathaus wird intern der Verzicht auf die Erschließungsbeiträge so begründet, dass es ja zum Zeitpunkt des Verkaufs keinen geltenden Bebauungsplan für die Flächen gegeben habe. Aber dieses Erklärungsmuster ist umstritten: So gibt es auch die Gegenposition, wonach laut Baugesetzbuch Erschließungsbeiträge auch ohne rechtsgültigen Bebauungsplan eingefordert werden können — und dass die Stadt angeblich bewusst auf einen solchen Bauleitplan verzichtet habe, um den Grundstückskäufer finanziell zu begünstigen.

Eine weitere Argumentationslinie zur Abwehr der Rechtsaufsicht und der Staatsanwaltschaft besagt, dass die eingenommenen Gewerbesteuern des begünstigten Unternehmens weit höher seien als die entgangenen Erschließungsbeiträge. Aber dieses Kakül hat der Bayerische Kommunale Prüfungsverband in seinem Prüfbericht quasi vorbeugend zurückgewiesen: Grundstücksveräußerungen unter Wert seien "grundsätzlich keine zulässigen Maßnahmen unmittelbarer kommunaler Wirtschaftsförderung", erklären die überörtlichen Rechnungsprüfer. Das "fiskalische Interesse an einem höheren Steueraufkommen" sei grundsätzlich "keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft". Grundstücksüberlassungen unter Marktpreisen könnten rechtswidrige "Beihilfen" nach EU-Recht sein, argumentiert der Prüfungsverband. Die Veräußerung von Grundstücken unter Wert stelle eine "kommunalrechtlich grundsätzlich unzulässige direkte Wirtschaftsförderung dar".

Diese Rechtsposition des Kommunalen Prüfungsverbandes ist trotz der bisher nicht erfolgten Veröffentlichung des Berichtes auch den Stadträten bekannt. Das dürfte auch erklären, warum sich der nichtöffentliche Rechnungsprüfungsausschuss nicht zu einer Empfehlung für die Stellungnahme des Stadtratsplenums durchringen konnte. Bei einer Abstimmung ist es nach NN-Informationen zu einem 3:3-Patt gekommen, so dass das Thema ohne eine Empfehlung auf die, vermutlich nichtöffentliche, Tagesordnung einer der nächsten Stadtratssitzungen wandert.

Die Rechtsaufsicht des Landratsamtes verfügt über keine Aussage der Stadt Neumarkt, wann sie sich zu dem Ermittlungsverfahren erklären will. Dr. Marion Robl: "Wir haben das im Auge, und wir haben konkrete Anhaltspunkte, dass das für eine der nächsten Sitzungen des Stadtrates in Vorbereitung ist."

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