Verfolgungsjagd am Neumarkter Amtsgericht

23.4.2018, 11:17 Uhr
Verfolgungsjagd am Neumarkter Amtsgericht

© Rurik Schnackig

Zweimal soll der Mann versucht haben, den Beamten mit waghalsigen Fahrmanövern zu entkommen. Im Nachhinein zu seinem großen Glück kam dabei nur er selbst zu Schaden: Er brach sich den Unterarm, sonst wurde niemand verletzt.

Die Anklage lautete auf Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Fahrens unter Drogeneinfluss. Sein Mandant selbst, so Strafverteidiger Nils Junge, könne sich diese Ausraster nur mit dem Drogencocktail erklären, den er im Blut gehabt hatte. Er stand unter Amphetamin und Met-Amphetamin.

"Im Sommer und Herbst sei er vollkommen abgestürzt", schildert der Rechtsanwalt dem Amtsgericht Neumarkt. Der damals 39-Jährige sei überhaupt nicht mehr ansprechbar gewesen.

Ohne im Besitz eines Führerscheins zu sein, war er im Juli in der Gegend um Freystadt auf einem Motorrad unterwegs. Als er bemerkte, dass ihn eine Polizeistreife ins Visier genommen hatte, gab er Gas und donnerte mit 150 Sachen über die Landstraße.

An einem Kreisverkehr musste er eine Vollbremsung hinlegen, schleuderte gegen zwei Verkehrsschilder und "legte" die Maschine in den Graben. Dabei zog er sich den Unterarmbruch zu. Trotzdem versuchte er, sich krabbelnd in die Büsche zu schlagen. Dort wurde er aber schnell gefasst.

Doch bei dem einen Vorfall blieb es nicht: Ende September hatte der Mann erneut am Steuer eines Autos gesessen – selbstverständlich immer noch ohne Führerschein.

Auch diesmal wurde die Polizei zwischen Freystadt und Hilpoltstein auf ihn aufmerksam. Mit den Beamten, die Unterstützung durch einen Hubschrauber erhielten, lieferte sich der Angeklagte mehr als eine Stunde lang eine halsbrecherische Verfolgungsjagd. Mit 190 km/h bretterte er schließlich über die Bundesstraße 8 und mit mehr als 100 Sachen durch Postbauer-Heng.

Dabei konnten ihn auch zwei versetzt aufgestellte Polizeiautos nicht aufhalten: Er bretterte durch die beiden Autos hindurch, rumpelte über Gehsteige und ignorierte rote Ampeln.

Über seinen Verteidiger ließ der gebürtige Mittelfranke, der wegen einer anderen Sache bereits in der Justizvollzugsanstalt Nürnberg einsitzt, erklären, dass er die Taten voll umfänglich gestehe, und sie ihm aufrichtig leid täten.

Der Angeklagte hat seit seiner Jugend wenig ausgelassen, um mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten. In seinem Bundeszentralregisterauszug stehen 15 Vorstrafen, acht davon sind einschlägiger Natur. Außerdem stand er im Sommer unter Bewährung.

Dementsprechend blieb dem Staatsanwaltsvertreter Walter Beren keine andere Wahl: Er forderte für die beiden Taten eine Gesamtstrafe von zehn Monaten Freiheitsentzug, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Zudem dürfe dem 40-Jährigen vor Ablauf von drei Jahren kein neuer Führerschein ausgestellt werden.

Der Verteidiger, Nils Junge, bat zu berücksichtigen, dass sein Mandant damals mit Drogen bis zur "Oberkante Unterlippe" zugedröhnt gewesen und schrecklich aus der Bahn geworfen sei. Seine Schlussfolgerung: Eine weitere Haftstrafe von sieben Monaten müsse ausreichen.

Dass er ohne nach Ausflüchten zu suchen zu seinen Taten stand, rechnete Richter Rainer Würth dem 40-Jährigen positiv an. Er habe jedoch Glück gehabt, dass bei der wilden Verfolgungsjagd niemand ernsthaft zu Schaden gekommen sei.

Deshalb verhängte Rainer Würth am Ende eine neunmonatige Haftstrafe ohne Bewährung und eine Sperrfrist von drei Jahren für den neuen Führerschein, so wie es die Staatsanwaltschaft beantragt hatte.

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