"Verzicht auf Gift für Mensch und Natur"

9.6.2017, 15:43 Uhr

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"Herr Deß ein guter Rat: Stop Glyphosat" war auf den Transparenten zu lesen, "Kein Gift auf Ökoflächen". "Die Bemühungen von Albert Deß sind eine rückwärtsgewandte Lobbyarbeit für die Interessen der Chemielobby", brachte Richard Mergner, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz, die Kritik auf den Punkt. Um dem Artenverlust in der Landwirtschaft entgegenzuwirken, sei ein Pestizid-Verbot auf den speziell für Natur- und Umweltschutz vorgesehenen Flächen absolut notwendig und ein wichtiges Signal, um den weiteren alarmierenden Verlust der biologischen Vielfalt aufzuhalten.

"Fatales Signal"

Deß lasse sich hier als Lobbyist vor den Karren des Bauernverbandes spannen, kritisierte Walter Haefeker, Präsident der europäischen Erwerbsimker. Es sei ein fatales Signal, wenn sich der BBV für den Glyphosateinsatz bei Eiweißpflanzen auf den ökologischen Vorrangflächen einsetze.

Nach Auffassung des Bunds Naturschutz sollten auf Flächen, die vor allem der Natur dienen, Hecken und Randstreifen, Blühflächen und Stilllegungsflächen Vorrang haben. Tatsächlich ist es aber auch erlaubt, dort Zwischenfrüchte wie Kresse oder Klee-Arten anzubauen oder Eiweißfrüchte wie Erbsen anzusäen – mit der Folge, dass auch Unkrautvernichtungsmittel ausgebracht werden. Dem will die EU-Kommission nun einen Riegel vorschieben.

Für Albert Deß greift das aber zu kurz: "Wir müssen doch global denken: Wenn wir das Verbot erlassen, können 300 Hektar zum Anbau von Eiweißpflanzen, sprich 1,2 Millionen Tonnen Futtermittel in der Landwirtschaft nicht mehr angebaut werden. Diese müssten wir mit Schiffen beispielsweise aus den USA oder Brasilien importieren", erklärte der agrarpolitische Sprecher der EVP-Fraktion vor wenigen Wochen im Gespräch mit unserer Zeitung. Unmengen von Diesel und Schweröl müssten verfeuert werden, und das sei dann tatsächlich umweltschädlich, "nicht die Pflanzenschutzmittel, die einmal, direkt nach der Aussaat der Ackerbohne, auf den trockenen Boden ausgebracht werden, um das Wachstum von Unkraut zu verhindern."

Davon konnte der Röckersbühler auch die Mehrheit seiner Kollegen überzeugen: Mit 30:12 Stimmen hat der Agrarausschuss den Vorschlag der EU-Kommission abgelehnt.

Die endgültige Entscheidung soll am 12. Juli im Europäischen Parlament fallen. Bis dahin ist noch eine Reihe von Aktionen geplant, unter anderem eine Demonstration vor dem Parlament in Straßburg nächste Woche. Das Credo der Organisationen vom Bund Naturschutz bis Slowfood und von den Imkern bis zum Landesbund für Vogelschutz: "Kein Gift auf den ökologischen Vorrangflächen", die ohnehin viel zu wenig seien, doch selbst dieses "kleine Pflänzchen", wie es Mergner bezeichnete, werde wieder kaputt gemacht, wenn man die Interessen einer chemieorientierten Landwirtschaft mit wenig Rücksicht auf Natur und Umwelt vertritt.

Wenn auf den "Blühstreifen" schon Futterpflanzen wie Leguminosen angebaut würden, gebe es auch mechanische Verfahren der Unkrautbekämpfung, die sich im Öko-Landbau längst durchgesetzt hätten. Doch eigentlich seien die Vorrangflächen dafür gedacht, "dass sie den Tier- und Pflanzenarten, denen es schlecht geht, Vorrang gewähren", wie es Andreas von Lindeiner, Artenschutzreferent des LBV, kürzlich gegenüber den NN formuliert hatte.

So sieht es auch Richard Mergner vom BN: "Wenn die EU schon zwölf Milliarden Euro im Jahr für die Förderung der Öko-Vorrangflächen ausgibt, dann kann sie doch nicht zulassen, dass dort Gift zum Einsatz kommt."

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