Wenn sich Paare nur zoffen oder schweigen

20.9.2014, 16:00 Uhr
Wenn sich Paare nur zoffen oder schweigen

© Foto: colourbox

„Vor Jahrzehnten hat man sich geschämt, aber die Hemmschwelle hat abgenommen“, berichtet Alice Sartor-Muswieck. Gemeinsam mit ihren Kollegen Elfriede Sedlmeier, Klaus Schubert, Martina Drempetic, Ulrike Weigert, Marion Weingärtner und Doris Utz bietet sie den Klienten umfassende Diskretion an. Aber diese Schweigepflicht hat auch Grenzen: Wenn es Hinweise auf Misshandlung oder Missbrauch gibt beziehungsweise Drohungen oder Selbstmordankündigungen im Raum stehen. „Wenn Gefahr im Verzug ist, dann endet unsere Schweigepflicht.“

Das Beratungsteam sitzt im Bürohaus Mühlstraße 3. Der Ort scheint wie geschaffen, um kurze Zeit etwas Distanz zu den Widrigkeiten des Alltags herzustellen, dort oben im 5. Stock mit einem herrlichen Blick auf den Stadtpark und weite Teile der Neumarkter Innenstadt.

Im Alltag verloren

Vielen Klienten tut die Draufsicht gemeinsam mit dem Berater gut: Es kommen Paare in der Krise, wegen Dauerstreits, Gleichgültigkeit, einer belastenden „Außenbeziehung“. Hilfe brauchen junge Paare, die mit der Elternrolle nicht zurechtkommen oder sich im Stress von Beruf und Familie aufreiben. Unterstützung brauchen ältere Ehepaare, die sich im Alltag verloren haben und im Ruhestand nichts mehr miteinander anfangen können.

Aber auch Einzelpersonen suchen die Beratungsstelle in der Mühlstraße auf. „Zerbrochene Partnerschaft“ heißt eine der Selbsthilfegruppen, die sich einmal im Monat dort trifft. Aber auch Lebenskrisen ganz anderer Art können Menschen veranlassen, um einen Beratungstermin zu bitten: Schwierigkeiten am Arbeitsplatz, Mobbing oder Depressionen, die den Betroffenen den Antrieb für ein erfülltes Leben rauben können.

Die bedrängten Menschen können die Hilfe von den Experten erwarten, die zum Beispiel Pädagogik oder Psychologie studiert oder eine vergleichbare Qualifikation erworben haben. Eine vierjährige, berufsbegleitende Weiterbildung komplettiert die Kenntnisse. Alle haben Spezialkenntnisse wie ein Kommunikationstraining oder Streitschlichtung.

Die Beratungsstelle verzeichnet eine riesige Nachfrage nach Unterstützung in Krisensituationen: Über die Jahrzehnte ist die Zahl der Gespräche massiv angestiegen. Im vergangenen Jahr registrierte das Team 2480 Beratungsstunden, davon 1112 Gespräche mit Paaren. Ob die Sitzungen letztlich für die Klienten ein Erfolg waren, „das muss jedes Paar für sich definieren“, meint Alice Sartor-Muswieck. Wissenschaftlichen Untersuchungen zufolge sei die Mehrheit der Beratenen nach den Gesprächen zufriedener als zuvor. Nur ganz selten kommt es vor, dass eine Beratung abgebrochen werden muss, weil sich Paare allzu heftig streiten.

„Wenn die Menschen bereit sind, sich zu stellen, dann ist ganz viel möglich. Mitzuerleben, wie sich etwas wandelt, das sind ganz schöne Momente“, berichtet Ulrike Weigert.

Obwohl drei Viertel der Kosten von der katholischen Diözese Eichstätt bezahlt werden, ist die Beratungsstelle personell nicht auf Rosen gebettet: Sechs Hochqualifizierte teilen sich zwei Vollzeitstellen. Die Zuschüsse des Freistaates, der Stadt Neumarkt und des Landkreises bewegen sich im einstelligen Prozentbereich. Deshalb sind Spenden der Klienten willkommen. Obwohl sechs von zehn Beratenen katholisch sind, ist die Einrichtung konfessionell offen.

Die Beratungsstelle ist rund um die Uhr telefonisch erreichbar (Anrufbeantworter); das Sekretariat ist montags bis freitags von 8 bis 11 Uhr besetzt, um Beratungstermine zu vereinbaren. In Dietfurt, Klostergasse 8, gibt es eine Außenstelle.

* (0 91 81) 61 17

www.bistum-eichstaett.de/efl

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