1. Juli 1966: Stadtrat gegen Presse im Stadion
1.7.2016, 07:00 UhrBeide Mannschaften gehen mit der Empfehlung von vernichtenden Niederlagen (gegen eine Auswahl des Sportamtes) und dem Aberglauben in das Treffen, daß einer mißglückten Generalprobe eine gelungene Premiere folgen muß. Den Zuschauern verheißen sie nicht nur humorgewürzte Fußballkost, sondern auch den Anblick von Repräsentationsbäuchen und den Atem von Raucherlungen. Stadträte und Journalisten tragen ihre Haut auf dem grünen Rasen zu Markte, um alten Leuten eine Freude machen zu können.
Für eine Mark dürfen es die Nürnberger mitansehen, wie ihre Vertreter im Rathaus mit heraushängenden Zungen hinter dem Ball herrennen und wie die Journalisten, voran die Sportkritiker, ihre liebe Not mit dem tückischen Leder haben. In den Trainingsspielen gegen die Halbprofis vom Sportamt haben beide Mannschaften schon erkennen müssen, daß es leichter ist, bei einem Clubspiel auf der Tribüne zu meckern, als auf dem Feld den Ball nur über ein paar Meter an den nächsten Mann zu bringen. Über die Ergebnisse der vorbereitenden Begegnungen schweigt des Sängers Höflichkeit, aber es sei verraten, daß sich Stadtrat und Presse nichts nachzusagen haben.
Erlös für die Altersheime
Die Rathauself wird von Hans Schlosser in das Treffen geführt, der neben seinen zehn Mitspielern noch Horst Volk, Heinz Schmude (beide SPD) und Werner Lippert (FDP) in Reserve stehen hat. Die Pressemannschaft mit Kapitän Fritz Schubert an der Spitze rückt nur mit einem Ersatzspieler an, gibt sich aber deswegen nicht minder siegessicher, als ihr Gegner. Wenn sich auch die Spielkünste in den letzten Tagen nicht mehr verfeinert haben, so ist doch das Wetter gegenüber dem „Wasserballtraining“ wenigstens besser geworden.
Es läßt die Hoffnung aufkeimen, daß möglichst viele Nürnberger heute Abend den Weg ins Stadion finden. Der Erlös des Spieles soll schließlich den Altersheimen zugute kommen, denen im vorigen Jahr nach diesem Treffen 2.400 DM (etwa der Gegenwert von drei Fernsehapparaten) überreicht werden konnte. Das Zuschauen lohnt sich gewiß, denn beide Seiten treten mit wilder Entschlossenheit und dem Vorsatz an: "Sieg oder Blut am Stiefel!“
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