26. Juli 1965: Autofriedhöfe wachsen

26.7.2015, 07:00 Uhr

Von weither kommen oft Transporte auf die Nürnberger Autofriedhöfe und zu den Altmetallverwertern, aber trotzdem geriet die Schrottlawine bisher noch nicht ins Rollen. Immerhin machen sich ihre ersten Anzeichen bereits bemerkbar. Monatlich muß die Polizei einige Autos abschleppen lassen, die von ihren Besitzern irgendwo in der Stadt abgestellt und nie wieder geholt wurden. Sie werden den Ausschlächtern kostenlos überlassen, wenn sie sie nur wegtransportieren. Und wer sein ausgedientes Vehikel verschrotten lassen möchte, bekommt nicht mehr, wie noch vor einigen Jahren, ein kleines Sümmchen dafür. Die Autos, die heute unter die Presse kommen, sind meist zwischen 15 und 10 Jahre alt, stammen also aus einer Zeit, als noch sehr wenige motorisiert waren. Von Jahr zu Jahr hat aber bisher die Zahl der ausgemusterten Automobile zugenommen, und sie wird in den nächsten Jahren progressiv weiter steigen. „Die fetten Jahrgänge kommen noch“, meinte der Besitzer der einzigen Schrottschere Bayerns, die jährlich 40 000 Autokarosserien zu kleinen Blechpaketen im Formal 60 mal 20 Zentimeter verarbeiten kann. Heute ist sie günstigstenfalls zu einem Drittel ihrer Kapazität ausgelastet und wird deshalb auch mit anderem Material gefüttert, doch stellt die halbe Million, die sie kostete, gewiß keine Fehlinvestion ihres Besitzers dar. Seit geraumer Zeit bereiten sich Schrotthandelsgesellschaften, Automobilhersteller und Städte auf die große Flut von Autoschrott vor. Man prüft, ob man für die Verwertung zentrale Verschrottungsanlagen errichten oder sie wieder der privatwirtschaftlichen Initiative überlassen soll, sucht nach neuen Verbrennungsmethoden und erwägt, die Autobesitzer an den Vernichtungskosten – ähnlich wie beim Müll zu beteiligen. In der Tat stellt das Ausbrennen der Wagen ein großes Problem dar. Die Pressen und Scheren schlucken zwar alles, was die gewaltigen Greifbagger in ihre Schlünde werfen, aber die Hütten- und Gießwerke nehmen nur reines Metall, keine Legierungen. Die Wagen müssen also ausgeschlachtet und abgewrackt werden. Chrom und Nickelstangen sowie Kupferleitungen herausgerissen, Polstersitze entfernt werden. Obwohl die Schrottverwerter die Autos meist von den Ausschlächtern beziehen, ist noch soviel Fremdmaterial darin enthalten, daß nichts anderes übrig bleibt, als Feuer an sie zu legen. Erst dann sind sie reif für die Presse. Da heute noch unter freiem Himmel ausgebrannt wird, ist die Gefahr der Luftverschmutzung groß. Einziger Ausweg aus diesem Dilemma ist ein Ofen mit geschlossener Brennkammer, der mit Autowracks bestückt wird und dann automatisch arbeitet. Kostenpunkt: eine Million Mark. Wenn die Wrackhalden aber so wachsen wie man es erwartet, dann wird den Firmen keine andere Möglichkeit bleiben, als ihn zu kaufen, sonst würden ganze Stadtteile verpestet. Das Problem steht vor der Tür.

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