3. Juli 1966: Flugzeit: 44 Minuten

3.7.2016, 07:00 Uhr
3. Juli 1966: Flugzeit: 44 Minuten

© Kammler

Dadurch verkürzt sich die reine planmäßige Flugzeit von vorher 85 auf 50 Minuten. Auch das Platzangebot wurde günstiger: Künftig können 128 statt 87 Passagiere befördert werden. Der Clipper "München" unter Flugkapitän Fish war für den Eröffnungsflug ausersehen. Wie ein ungebändigtes Pferd schob die schnittige Maschine einen Bremsklotz etwas vorzeitig zur Seite, als sie vom Empfangsgebäude zur Startbahn rollte. 9.05 Uhr setzte sie mit Donnergetöse von der Startbahn ab, durchstieß die graue Wolkendecke und sonnte sich Minuten später über einem weißen Nebelmeer.

Von den drei Triebwerken mächtig geschoben, stob der Clipper über Würzburg – Fulda – Eisenach und Dessau seinem Ziel zu. 9.43 Uhr drosselte Kapitän Fish die Triebwerke, 9.48 setzte die "München" auf dem Berliner Zentralflughafen Tempelhof auf. Reine Flugzeit: 43 Minuten. 9.55 Uhr verließ die Besatzung mit einem riesigen Strauß roter und weißer Nelken die Kanzel, der Jungfernflug war Geschichte geworden.

Acht Stunden Zeit hatten wir jetzt für Berlin, dass uns seit gestern zeitlich näher gerückt ist. Zweieinhalb Stunden blieben am Vormittag für eine Rundfahrt durch den westlichen Teil der Stadt. Wir sahen die Mauer und den Reichstag, das Hansaviertel und den Ku-Damm, das Olympiastadion und den Grunewald, wir fuhren auf der Stadt-Autobahn und genossen vom Dachgarten des Hilton-Hotels die Aussicht auf das alte und neue Berlin.

Eine halbe Stunde dauerte es am Nachmittag, bis unser Bus am Übergang Sandkrugbrücke für die Rundfahrt durch den Ostsektor abgefertigt war. Eine Fremdenführerin beschrieb das andere Berlin, da sich nicht erklären, sondern nur erleben läßt.

Knapp zwei Stunden blieben für diese Rundfahrt, dann wurden wieder die Pässe und Ausweise kontrolliert, die Namen verglichen, die Gesichter genau fixiert, eine qualvolle Prozedur, bis sich schließlich nach einer Slalomfahrt durch die Hindernisse der letzte Schlagbaum hob.

Um 18.20 Uhr startete der Clipper „Frankfurt“ zur Rückreise. Ausnahmsweise landete er gestern nach einem ebenso ruhigen und raschen Flug auf seinem Weg nach München in Nürnberg. Der Abendkurs Berlin-Nürnberg und zurück wird nämlich im Juli noch von der bewährten viermotorigen DC 6 b übernommen. Die Gäste der Pan American World Airways hatten jedoch die Ehre, auch diese Strecke, genau 553 km lang, düsengetrieben in 44 Minuten zurückzulegen. Der Fortschritt konnte sich nicht eindrucksvoller vorstellen.

Wie in alten Zeiten hatte sich dagegen ein Volkspolizist an der Sandkrugbrücke vorgestellt. Weil einige Bus-Insassen bei der Ausweiskontrolle wegen eines Scherzwortes lachten, hatte er sie im Kasernenhof angeherrscht: "Was gibt es hier zu lachen? Lachen können sie bei der Vorstellung! Sie sind hier bei der Grenzkontrolle!".

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