17. Juli 1966: Freibad West im Sturm erobert

17.7.2016, 07:00 Uhr
17. Juli 1966: Freibad West im Sturm erobert

© Gerardi

Die Bauingenieure Franz Meckes und Helmut Streuter, der Hilfssachbearbeiter Erwin Götz und der technische Zeichner Wilhelm Stiegler zogen sich altmodisch gestreifte, knielange Badeanzüge über, klebten sich Bärte an und hüpften bei der Eröffnung des Freibades West in das 18 Grad warme Wasser, um die 50-Meter-Bahn in einer Mischung aus Hundstrab und haarsträubendem Bruststil zu bewältigen.

Dann aber waren die Nürnberger nicht mehr zu bremsen. Sie eroberten das Bad im Sturm, wenn auch viele wegen des wenig einladenden Wetters die Bekanntschaft mit dem nassen Element vorerst noch aufschoben und sich zunächst in allen Winkeln umsahen.

Zuvor aber hatten die zahlreichen Gäste – unter ihnen die Fraktionsvorsitzenden der Rathaus-Parteien, Schul- und Kulturreferent Dr. Hermann Glaser, Wirtschaftsreferent Professor Dr. Johann Geer und die Amtsvorstände aus dem Bauhof den Gruß angehört, den Baureferent Heinz Schmeißner allen entbot. Sie vernahmen dabei den Werdegang der Pegnitzaue von der Kleingartenanlage und vom verwahrlosten Sportplatz bis zum Dorado der "Wasserratten", für das sich nicht zuletzt der Vorstadtverein St. Johannis immer stark gemacht hat.

Heinz Schmeißner erwähnte zwar, daß es unmöglich gewesen sei, durch ein Heizwerk für erträgliche Wassertemperaturen zu sorgen. Aber er vertraute auf den Wettergott, der wenigstens am Vormittag ein paar Strahlen durch die Wolken dringen ließ. "Möge in den kommenden Monaten die Sonne über dem Bad leuchten", wünschte sich Heinz Schmeißner, ehe sich Bürgermeister Franz Haas beim Anblick des kristallklaren Wassers an seine Jugend erinnert fühlte, in der ein Bad in der Pegnitz noch selbstverständlich gewesen war.

Ungestört vom Radiolärm

"Wir werden nicht nachlassen, bis alle Flüsse wieder gesundes Wasser führen", versprach der Bürgermeister, bedankte sich bei den Nachbargemeinden, in deren Bädern viele Nürnberger Abkühlung suchen und gab das Rednerpult für den Sozialreferenten, Stadtrat Dr. Max Thoma, frei, der in dem künstlich für über sechs Millionen Mark geschaffenen Gewässer einen Quell der Gesundheit sah, zumal ja in der Nordostecke ein Kneippbad angeschlossen ist.

Beifall erntete er, als er den Lärm aus Transistor-Radios als unvereinbar mit dem Streben nach Erholung erklärte und zur Bedingung machte: "Helfen sie mit, daß das Bad im nächsten Jahr noch genauso ausschaut wie am heutigen Tag."

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