10. Mai 1967: Sichtbeton am Graben

10.5.2017, 07:00 Uhr
10. Mai 1967: Sichtbeton am Graben

© Ulrich

Fast eineinhalb Jahre nach der feierlichen Grundsteinlegung war damit ein zweites Fest fällig. Es fand diesmal im Beton-Geviert des künftigen Innenhofes statt. Nachdem der Polier artig seine Reime aufgesagt hatte und die bändergeschmückte Krone in die Höhe gezogen worden war, band sich BLGA-Präsident Dipl.-Ing. Hans Kempter eine Schürze um und zapfte gekonnt den ersten 50-Liter-Banzen an. Das war der Startschuß zum fröhlichen Schmaus unter dem seidig-blauen Frühlingshimmel.

Zum dritten Fest aber wird die Landesgewerbeanstalt im Frühjahr 1969 laden, wenn sie zu ihrer 100-Jahr-Feier die „Norishalle“ – sie kostet 6,3 Millionen DM – einweiht.

10. Mai 1967: Sichtbeton am Graben

© Ulrich

Was die Nürnberger lange Zeit nur durch die Ritzen des Bauzaunes erspähen konnten, steht nun im „schalungsrauhen Sichtbeton“ auf einer Grundfläche von 70 mal 20 Meter vor ihnen. Das neue Haus an der städtebaulich bedeutsamen Stelle soll einen reizvollen Gegensatz zur alten Stadtumwallung bilden und später einmal das nördliche Ende einer modernen Bebauung zwischen dem Königstor und der Pegnitz werden. Gerade deswegen hatte es zuerst Schwierigkeiten gegeben. Sie wurden dadurch aus der Welt geschafft, daß die „Norishalle“ um 180 Grad gedreht wurde.

Außerdem bereitete die Gründung des Neubaus Kopfzerbrechen. Im Norden des Geländes an der Pegnitz waren dazu starke Betonpfähle notwendig. Doch jetzt sind die beiden Baukörper, die Architekt Heinrich Graber zu einer Einheit verschmolz, im Rohbau vollendet: die Räume für das BLGA-Grundbau-Institut im Süden und die eigentliche „Norishalle“, die dem Fluß zugewandt ist. Die „Norishalle“ mit den Ausstellungsräumen ist über ein Foyer vom Marientorgraben her zugänglich und besitzt eine Nutzfläche von rund 1600 Quadratmetern. Die Vorbildersammlung, wechselnde nationale und internationale Ausstellungen der angewandten Kunst, Studiendepots und die heute noch in der Südost-Ecke des alten BLGA-Gebäudes untergebrachte Wohnberatung finden hier einen neuen Platz.

Völlig getrennt davon bekommt das Grundbau-Institut in einem Ober-, Erd-, Unter- und Tiefgeschoß seine Räume zugewiesen. Die 50 Menschen, die im Institut arbeiten, erhalten in rund eineinhalb Jahren Büros und Labors, Lager und Werkstätten in ausreichender Zahl. Die Planer haben sogar an einen 10 m tiefen Schacht gedacht, in dem Druckversuche vorgenommen werden können. Sehr reizvoll ist obendrein der zwischen beiden Teilen liegende Innenhof an der Eingangshalle, der auch Ausstellungen im Freien möglich macht.

Eine Tiefgarage zwischen dem Nordostgiebel der „Norishalle“ und der Bastionmauer an der Pegnitz vervollständigt die ganze Anlage. Das Garagendach ist dabei bodengleich mit dem Terrain am Ring so ausgebildet, daß es bepflanzt und begangen werden kann.

Wenn die „Norishalle“ ihrer Bestimmung übergeben worden ist, hat das 1882 „erstmals aus Eisen und Stein“ errichtete und 1945 durch Bomben zerstörte Gebäude gleichen Namens eine würdige Nachfolgerin gefunden. Oberbaurat Curt Heigl macht sich jetzt schon Gedanken darüber, mit welchen „Bonbons“ er die Übergabe gestalten könnte. Er plant zwei Ausstellungen mit den Titeln „Design in Industrie und Handwerk“ und „II. Weltausstellung der Photographie ‚Die Frau‘“.

Verwandte Themen


2 Kommentare