11. Oktober 1965: Egerländer sind der Heimat treu

11.10.2015, 07:00 Uhr
11. Oktober 1965: Egerländer sind der Heimat treu

© Gertrud Gerardi

„Dem Volk, dem Recht und der Heimat treu“, hieß das Motto, unter dem sich Tausende von Egerländern über das Wochenende zu ihrem Volkstag 1965 in Nürnberg trafen.

Höhepunkt des Beisammenseins war gestern nachmittag eine Kundgebung in der überfüllten Messehalle, in der Bundesverkehrsminister Hans-Christoph Seebohm als Schirmherr des Volkstages zu seinen „Vettern und Muom“ sprach.

11. Oktober 1965: Egerländer sind der Heimat treu

© Gertrud Gerardi

Einstimmig billigte die Versammlung ein Manifest des Landschaftsrats „Egerland“ in der Sudetendeutschen Landsmannschaft und des Bundes der Eghalanda Gmoin. Die Egerländer Stammgemeinschaft fordert darin das Heimat- und Selbstbestimmungsrecht für das Egerland, aus dem sie 1945 widerrechtlich vertrieben wurde. Dieses Recht sollte allen Völkern und Volksgruppen in aller Welt zugestanden werden.

Von den Wänden und von der Bühne der Messehalle grüßten die Namen und Wappen der Egerländer Städte und Gemeinden die Landsleute, die aus allen Teilen der Bundesrepublik und aus Österreich gekommen waren. Viele trugen die Tracht der Heimat. Unter der grün-weiß-braunen Fahne spielten Egerländer Kapellen aus Wasseralfingen und Weiden und Südtiroler Bläser aus dem Ahrntal bei Bruneck. Das Grün der Fahne symbolisiert Wald und Wiesen, das Weiß den Egerfluß und das Braun die Scholle der Heimat. Bundesverkehrsminister Seebohm skizzierte ein Bild des Egerlandes unter dem strahlend blauen Himmel, der gestern dem Volkstag beschieden war. „Wie schön muß so ein Herbsttag in der Heimat sein“, rief er und forderte seine Landsleute auf, die inneren Werte der Stammesgemeinschaft zu bewahren, weil solche Erinnerungen nicht endgültig genommen werden könnten. Die Jugend bat er, an den Trachten und Bräuchen der Heimat festzuhalten und sie weiterzugeben.

11. Oktober 1965: Egerländer sind der Heimat treu

© Gertrud Gerardi

Seebohm erinnerte an die Papstrede vor den Vereinten Nationen, in der Paul VI. Gerechtigkeit auf der Grundlage der Wahrheit gefordert habe. In dieser Rede sei ausgedrückt, was die Egerländer und die Sudetendeutschen bewege. Die Heimatvertriebenen lehnten Gewalt ab, verlangten aber Frieden, Wahrheit und Gerechtigkeit. Der Friede gründe nicht auf Verzicht. Wer das meine, sei ein Anhänger der Gewalt, aus der neue Gewalt entstehe.

Dauerhaften Frieden gebe es nur auf der Basis der Selbstbestimmung. „Die Egerländer sind keine Revanchisten, sondern Christen, und das sind die Leute in Prag nicht“, meinte der Minister.

Oberbürgermeister Dr. Urschlechter überbrachte die Willkommensgrüße der Stadt Nürnberg und erinnerte an die engen Verbindungen mit Eger. Dort galt einst sogar Nürnberger Recht. Aus dieser Gemeinsamkeit solle die Freundschaft mit dem Egerland vertieft werden.

Etwa 2000 Gläubige hatten am Vormittag an einer Messe auf dem Hauptmarkt teilgenommen, die der Abt des Prämonstertratenserstifts Schönau bei Wiesbaden – früher Tepl zelebrierte. In seiner Predigt ermahnte der Abt Petrus Möhler die Egerländer, fest zum Guten, zum Glauben und zur Heimat zu stehen und Gott um Freiheit in Frieden zu bitten. Nach dem Gottesdienst zeigten Jugendgruppen aus Marburg und Gießen Volkstänze aus dem Egerland, eine Gruppe aus München sang Heimatlieder, die Egerländer Dudelsackkapelle aus Weiden spielte vor dem Schönen Brunnen Tanzweisen und die Südtiroler Musikanten brachten Märsche aus ihrer Heimat.

Zu einer „Rühmung des Egerlandes“ in Wort, Musik, Gesang und Tanz war am Samstagabend in die Messehalle eingeladen worden. Die verbindenden Texte sprach der Schriftsteller Wilhelm Pleyer. er leitete die Weltaufgeschlossenheit eines bäuerlich verwurzelten Stammes aus der Mittellage des Egerlandes im Herzen Europas und aus der Begegnung mit Menschen aus aller Welt in den Heilbädern ab. Diese Umstände hätten Egerländer zu Höchstleistungen auf allen Gebieten befähigt. 160 Mitwirkende gestalteten den eindrucksvollen Kulturabend.

Neben den offiziellen Veranstaltungen, die noch von drei Ausstellungen abgerundet wurden, war für viele Nürnberg-Fahrer das Wiedersehen mit Freunden und ehemaligen Nachbarn das nachhaltigste Erlebnis. Die verschiedenen Heimatkreise trafen sich in Gaststätten. Menschen, die sich lange nicht mehr gesehen hatten, schüttelten sich die Hände, redeten miteinander in der Sprache der Heimat und versprachen einander, beim nächsten Bundestreffen wieder da zu sein.

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