12. August 1966: Bunte Pracht verzaubert Häuser

12.8.2016, 07:00 Uhr
12. August 1966: Bunte Pracht verzaubert Häuser

© Gerard

Das erwies sich so recht bei der traditionellen Rundfahrt im August, die ein Preisrichterstab gestern unternahm, um die letzten Punkte im Blumenschmuckwettbewerb 1966 zu vergeben.

Hundert Bürger mehr als letztes Jahr, nämlich 302, machten diesmal mit; sie teilen sich die 30 ersten, 50 zweiten und 75 dritten Preise, die heuer – offiziell im Oktober – vergeben werden.

Tatsächlich werden die „Neuen“ so manchem Routinier das (Blumen-)Wasser abgraben! Aus irgendeinem Anlaß hatten sie ihre Leidenschaft für das Pflanzen, Gießen und Jäten auf dem Balkon entdeckt und fanden Spaß daran, mit der selbstentworfenen Blütenpracht in Idealkonkurrenz zu treten. Am schönsten erweist sich dieses Wetteifern an hohen und breiten Wohnhäusern mit gleichmäßigem „Balkonvorhang“. Allerdings: hier und da entdeckt man auch, wer im soundsovielten Stock mal das Düngen vergessen hat . . .

Ob aber Gemeinschaftsleistung oder entschlossener „Alleingang – alle Bemühungen, den Aufruf „Nürnberg schmücke Dich!“ wahrzumachen, werden von der Veranstaltergruppe des Wettbewerbs begutachtet und vielleicht sogar honoriert. Es geht auch nicht allein um die Fülle der blühenden Pflanzen (obwohl sie bestechend wirkt), sondern ebenso um die Farbenzusammenstellung und Anordnung im Einklang mit der Architektur des Hauses. Wer hier am überzeugendsten seine Einfühlung bewies, erhält die Ehrenpreise, die der Bund Deutscher Architekten ausgesetzt hat.

Die letzte Fahrt der sach- und fachkundlichen Jury – sie setzt sich aus sechs Gruppenvertretern zusammen und war bereits fünf Tage lang unterwegs – führte gestern zu den Spitzenreitern in Sachen Blumenschmuck. Es waren „alte Bekannte“ darunter, aber auch Neulinge, die mit eigenwillig-aparten Kombinationen (Beispiel: stehende blaßrosa und hängende zartlila Geranien) aufwarten. Zu den Außenseitern mit Aussicht auf Prämien gehören vielfach die Bewohner von Zollhaus-Langwasser, Nürnberg-Nord und Wöhrd – Viertel, in denen sich die Vorstadtvereine besonders stark gemacht haben, Freunde am Blumenschmuck zu gewinnen.

Es wird nicht gerade einfach sein, jene Favoriten herauszufinden, die für Spezialleistungen die vier Ehrenpreise – gestiftet von der Stadt, der Fränkischen Gartenbaugesellschaft, dem Blumenfachverband und dem Bayer.

Gartenbauverband – erhalten sollen. „Viel Mühe macht mir der Balkon!“ sagt die Mieterin im ersten Stock des „Blütenhauses“ Poppenreuther Straße 37 und weist auf die überquellende bunte Kulisse hin. Knallrot heben sich die Geranien im zweiten Stock der Solgerstraße 16 von der verwitterten Fassade ab – ebenso wie die Farbkleckse an den kleinen Turmfenstern der Spittlertormauer.

Einfallsreichtum, Experimente mit wildem Wein und blauen Winden und stillvergnügter Blumenschmuck an Dachgauben – sie zeigen sich kreuz und quer. Sagt Innungsobermeister Ludwig Graf: „Nun brauchen wir nur noch, wie in Stuttgart, einen Oberbürgermeister und Baureferenten, die sich in ihrer Freizeit die grüne Schürze umbinden und Blumenkästen in öffentlichen Gebäuden bepflanzen!“

Tatsächlich: Nürnberg würde noch mehr zur aufblühenden Stadt.

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